Gleichnis-17: Vom Schaf, Drachmen, Sohn (Teil 3)

Gleichnisse Jesu

 

 

 Einleitung

Wir befassen uns nun mit dem dritten Teil des Gleichnisses vom verlorenen Sohn (Lk 15).

Fassen wir doch kurz zusammen, was wir bisher behandelt haben: Jesus fordert die Pharisäer und Schriftgelehrten auf, näher zu treten und zu zuhören, denn er hat ihnen drei Gleichnisse zu erzählen, die ihre Weltanschauung und ihr Leben verändern können. Denn sie haben am Sohn Gottes heftig Anstoss genommen, weil er sich mit Zöllnern und Sündern abgibt.

Im Gleichnis vom verlorenen Schaf (Lk 15,3-7) und der verlorenen Drachme (Lk 15,8-10) macht Jesus die Kostbarkeit einer einzigen Seele vor Gott deutlich. Religion lehrte die Menschen, dass Sünder wertlos seien. Viele tragen heute noch diese falsche Definition in ihren Köpfen herum. Doch bei Gott ist jede Seele besonders kostbar. Er liebt die Welt so sehr, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengehe, sondern ewiges Leben habe (Joh 3,16).

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn ist ein Skandal in den Ohren der Juden. Hier wird ein jüdischer Bauer beschrieben, der für das Volk Gottes eine Schande und eine Demütigung ist. Damit könnte ihre „Heiligkeit“ und Autorität unter dem Volk Schaden leiden. Es ist von einem geldgierigen Sohn die Rede, der seinen Erbanspruch beim Vater einfordert. Obschon der Vater weiss, dass sein jüngerer Sohn mit Geld noch nicht richtig umgehen kann, zahlt er ihm 1/3 seines Erbes aus. Er ist sich bewusst, dass sein jüngerer Sohn durch eine harte Schule gehen muss. Traurigen Herzens schaut er zu, wie sein Sohn im Horizont verschwindet. Von diesem Tag an hofft der Vater sehnsüchtig darauf, dass sein Sohn irgendwann zurückkommt, denn er hat ihn lieb und ihm bereits vergeben. Hier geht es nicht um einen Ungläubigen, sondern um einen Gläubigen, der die Gnade Gottes mit Füssen getreten hat!

 

 I.   Gott ist Liebe und vergibt uns grosszügig

Jesus macht in diesem Gleichnis die unverständliche und alles übersteigende Liebe Gottes deutlich. Wir haben das letzte Mal gesagt, dass Gott keine Liebe hat, sondern er ist Liebe! Die Agape-Liebe ist unabhängig von unserem Verhalten und unserer Reaktion. Gott ist die Quelle der Liebe und kann gar nicht anders, als seine Söhne und Töchter lieben: 2. Timotheus 2,13. Das geschieht nicht, weil wir so liebenswert sind, sondern weil Gott sich entschieden hat, seine göttliche Liebe über uns auszugiessen, um uns aus der Knechtschaft der Sünde zu befreien.

Wenn wir diese wichtige Lebenslektion einmal verstanden haben, dann brauchen wir uns nicht mehr zu fürchten vor der Zukunft, dann müssen wir vor Gott nichts mehr verstecken, noch müssen wir ihm imponieren durch unsere Werke, dann klagen wir unseren lieben Vater auch nicht an, wenn „Schicksalsschläge“ über uns kommen, dann vertrauen wir einfach nur, dass Gott uns liebt und es gut mit uns meint. Er nimmt uns immer wieder auf, als seine Kinder, wenn wir reuig sind, weil er jeden von uns zum himmlischen Ziel, zur ewigen Gemeinschaft mit ihm führen will (1Joh 1,9).

 

 II.   Der jüngere Sohn muss durch eine harte Lebensschule

Doch er war mutig genug, um eine Entscheidung zu fällen, um einen guten Vorsatz in die Tat umzusetzen. Niemand soll unsere guten Vorsätze ins Lächerliche ziehen! Als Christen ist es wichtig, dass wir nicht müde werden, uns immer wieder etwas Gutes vorzunehmen.

Schlecht sind Vorsätze erst dann, wenn sie nicht gemacht werden. Der Heilige Geist sagt durch den Apostel Petrus (1Petr 5,5-6):

„Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.“

„Demütigt euch unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch zur rechten Zeit erhöhe!“

Nur, wer seine Schuld demütig einsieht, wie der jüngere Sohn, der kann sich auch einen guten Vorsatz machen!

Schlecht sind Vorsätze auch dann, wenn sie nicht eingehalten werden. Der Sohn weinte keine Krokodiltränen, bis ihm vergeben wurde. Als er anschliessend wieder in die Welt hinausging, liess er es mit keinem Gedanken zu, sich wieder in die alte Sünde hinein zu verstricken!

Ganz schlecht sind Vorsätze dann, wenn sie wochenlang geplant werden. Darin offenbart sich eine unehrliche und schizophrene Haltung! Der Sohn wollte keinen Tag, ja keine Stunde mehr in der Sünde verharren. Er wollte nur eins, heute und sofort seine hoffnungslose Situation ändern. Darum heisst es (Hebr 3,15): „Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, verhärtet eure Herzen nicht wie bei der Verbitterung [in der Wüste].“ Gute Vorsätze müssen spontan sein und sofort ausgeführt werden!

Aber was ist mit dem älteren Sohn?

 

 III. Lk 15,25-32: Der ältere Sohn ist genauso verloren

Auch er braucht dringend eine Lebenslektion.
Er repräsentiert den Selbstgerechten Gläubigen, der einen Hang zum Pharisäismus hat. Er kritisiert sogar Jesus und nimmt an ihm Anstoss, weil er mit den Zöllnern und Sündern freundlich umgeht. Jesus warnt vor den Schriftgelehrten und Pharisäern: Mt 23,1-5a. Der selbstgerechte Pharisäer verurteilt immer die andern. Er sieht sich und seine Sünden nicht realistisch, sondern ist der Meinung, dass er ein recht guter Mensch sei, viel besser als alle andern. Er fastet ja zweimal in der Woche und gibt den Zehnten von seinem ganzen Einkommen (Lk 18,12). So legt er zusätzlich schwere Bürden (d. h. menschliche Gebote) auf die Schultern der andern, die er selbst gar nicht alle einhalten kann. Grundsätzlich ist es ihm lieber, wenn ein Sünder zugrunde geht, als dass er gerettet wird.

Jeder, der in diesem Moment an eine andere Person als an sich selbst denkt, der hat bereits ein ernsthaftes Problem. Gott will uns dazu erziehen, dass wir unsere Schuld einsehen und vor dem Herrn bekennen, wie David: Psalm 51,3-6.19; 32,5 (Jak 4,6-10).

Was tun wir, um andere zu Christus zu führen?
Wie weit geht unsere Liebe zu den Geschwistern im Herrn, die sich versündigt haben? Haben wir Erbarmen mit ihnen oder sind wir bitter gegen sie und wünschen, dass sie die Gemeinschaft verlassen?

Das Verhalten des älteren Bruders verrät uns seine Eifersucht.
All die Jahre des Gehorsams gegenüber dem Vater, waren für ihn – eine schreckliche Last, kein Liebesdienst aus Dankbarkeit für all das, was er empfangen hatte.

Im Griechischen wird deutlich, dass der Sohn vorwurfsvoll sagt (V. 29): „So viele Jahre habe ich Dir als Sklave gedient …“

Vermutlich wäre er selbst gerne ausgezogen und hätte sich gehen lassen, um mit den Dirnen sich zu vergnügen, doch er wollte und konnte das nicht zugeben.

Diese Haltung ist äusserst bedenklich.
Auf so einen tief gefallenen Menschen kann man in keiner Weise eifersüchtig sein! Wie kann man auf einen schwer verunfallten Menschen eifersüchtig sein, der aus dem Koma erwacht und nun wieder Speise zu sich nimmt?! Vom Sohn heisst es (V. 24): „Er war tot und ist wieder lebendig geworden“!

Das Verhalten des älteren Bruders verrät auch einen absoluten Mangel an Mitgefühl, seine Herzlosigkeit. Statt sich zu freuen, wird er zornig und weigert sich am Fest teilzunehmen.

Er bezeichnet seinen Bruder als Sohn des Vaters (V. 30): „dein Sohn“, statt „mein Bruder“.

Er beschuldigt seinen Bruder, mit Dirnen die Erbschaft verschleudert zu haben. Ist das bloss eine Verdächtigung, oder weiss er bereits davon? Auf jeden Fall hätte er es viel lieber gesehen, wenn sein jüngerer Bruder geschlagen worden wäre, statt herzliche Vergebung und freudige Wiederaufnahme zu empfangen.

Er wirft seinem Vater vor, dass er für ihn nie ein Festmahl veranstaltete, an dem er seine Freunde einladen durfte, obschon der Ältere nie ein Gebot übertreten hatte. Hier kommt seine Selbstgerechtigkeit deutlich ans Tageslicht. Seine Haltung ist voller Verachtung, Geringschätzung und Lieblosigkeit.

 

 IV. Die Reaktion des Vaters

Wie schon gesagt, repräsentiert dieser Vater im Gleichnis den himmlischen Vater!

Dieser Vater verhält sich nach menschlichem Verständnis völlig unerwartet, ja fast ein bisschen fahrlässig. Zuerst teilt er seine Erbschaft mit seinen Söhnen, obschon er ganz genau weiss, dass der jüngere damit nicht umgehen kann. Dann empfängt er ihn nach der Niederlage im fernen Land königlich. Schliesslich ergreift der Vater erneut die Initiative, um nach seinem älteren Sohn zu sehen, der sich weigert, am grossen Festmahl teilzunehmen.

Der Vater versucht seinem älteren Sohn zu erklären:

„Aber mein Sohn, du verstehst nicht! Alles, was ich besitze, gehört dir (= 2/3).”

„Du bist nicht mein Sklave, sondern mein Geschäftspartner, mein Stellvertreter!“

„Du möchtest gerne eine Lohnerhöhung, oder einen Dreizehnten? Die Kühe gehören doch dir!”

„Du hättest jeden Abend ein Festmahl veranstalten können!”

„Lieber Sohn, du versucht etwas zu bekommen, was meine Liebe dir bereits schon alles gegeben hat!“

„Und nun komm und freue dich doch mit deinem Bruder, dass er wieder nach Hause zurückgekehrt ist, denn er war tot und ist lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden“ (V. 32).

Der Vater macht keinem seiner Söhne irgendwelche Vorwürfe, sondern kümmert sich liebevoll um sie, damit sie die richtige Einstellung und Haltung zu ihm und zu ihrer herrlichen Erbschaft finden.

So ist unser himmlischer Vater!
Er hat uns in dieses Leben gestellt, damit wir die richtige Einstellung finden zur Erbschaft, die im Himmel auf uns wartet.
Der eine muss seine Erbschaft zuerst verspielen, bis er merkt was er hat. Während der andere von seinem erzwungenen Christentum geheilt werden muss, um wirklich bereit zu sein für das wahre Leben. Gott will alle zum Ziel führen: Lukas 15,7. Das ist der Grund, warum das Gleichnis nicht „vom verlorenen Sohn“ genannt werden sollte, sondern „vom liebenden Vater“.

 

 Schlussfolgerungen

Wer sich jetzt noch fragt: Ob er den Anforderungen Gottes genüge, ob Gott ihn tatsächlich annehmen und verstehen kann für das, was er im Leben schon alles angestellt hat, der hat die überschwängliche Liebe Gottes immer noch nicht begriffen.

Gott ist auf der Suche nach DIR!
Er liebt dich und will dich dem Teufel nicht preisgeben! Du bist so kostbar in seinen Augen, dass er alles unternimmt, um dich aus der Finsternis der Sünde zu erretten! Kein Opfer (selbst sein einziger Sohn) ist für ihn zu gross, um dich wiederzufinden und in seine Arme zu nehmen! Kommt lasst uns fröhlich sein und unseren lieben Abba, Vater danken und ihm zujubeln für seine unverständliche, übergrosse und beharrliche Liebe für jeden von uns!