Reich Gottes-10b: Der Prämillenialismus

Wann kommt das Reich Gottes?

 

 

 I.   Millenium

Der Begriff „Millenium“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „tausend“. Im Griechischen heisst tausend: Chilioi (χίλιοι), woraus die Bezeichnung „Chiliasmus“ entstand. Es wird zwar von tausend Jahren geredet (in Offb 20,1-6). Aus dieser Stelle entstand die Irrlehre eines tausendjährigen Friedensreiches auf Erden (doch dazu später mehr). Es wird gelehrt, dass Jesus auf diese Erde zurückkehren und mit seinen Heiligen diese Welt regieren wird. Dazu gibt es viele alttestamentliche Stellen, die missbraucht werden, weil sie angeblich auf das Millenium hinweisen (Jes 11,4; Jer 3,17; Sach 14,9).

Während tausend Jahren wird der Teufel im Abgrund gebunden, so dass er nicht mehr fähig ist die Nationen zu verführen, bis er für kurze Zeit wieder losgelassen wird (heisst es in Offb 20,3.7-8). Die treuen Märtyrer, die für Christus ihr Leben liessen, werden vor dem Millenium auferstehen; das ist die erste Auferstehung (Offb 20,4-5). Wann das sein wird, erfahren wir nicht. Sie werden als Priester Gottes mit Christus regieren (Offb 20,4). Nach tausend Jahren wird der Teufel losgelassen, so dass er sein Werk der Verführung wieder fortsetzen kann (Offb 20,7-8). Wann das sein wird, erfahren wir auch nicht.

Der wichtigste Aspekt des Millenniums ist die Herrschaft Christi. Zu Pfingsten predigte der Apostel Petrus in Jerusalem und sagte, dass Jesus seine Herrschaft zur Rechten Gottes bereits angetreten hat (Apg 2,33-36). Diese Herrschaft wird fortgesetzt bis alle seine Feinde als Schemel zu seinen Füssen gelegt sein werden.

David bezeugte in Psalm 110,1: „Der Herr (Gott) spricht zu meinem Herrn (Jesus): Setze dich zu meiner Rechten, bis ich hinlege deine Feinde als Schemel deiner Füsse.“ Dieses Bild wurde gebraucht, um die Überlegenheit des Siegers darzustellen. Der Sieger benutzt seine Unterlegenen als Schemel für seine Füsse.

Auch der Apostel Paulus verstand, dass Christus bereits herrscht, bis alle Feinde Gottes zu Fall gebracht worden sind (1Kor 15,25-27). Der Höhepunkt bildet die Wiederkunft Christi, wenn keine Macht mehr fähig sein wird sich gegen den höchsten König aufzulehnen (1Kor 15,23). Wenn diese Zeit erfüllt ist, dann ist das Ende, an dem Christus das Reich Gott übergeben wird (1Kor 15,24). Selbst der grösste Feind des Menschen, das ist der Tod, wird vernichtet werden (1Kor 15,26).

Die Herrschaft Christi muss nicht für jedermann in der Welt sichtbar sein, damit sie von jedermann nachvollzogen werden kann (Lk 17,20-21). Bei dieser Herrschaft geht es nicht darum, diese Welt in ihren Werken äusserlich zu verändern (Joh 18,36). Diese unsichtbare Herrschaft verändert Menschen in ihrem inneren, so dass sie sich Christus anschliessen (Kol 1,13; 1Kor 15,40-49). Die Macht des Teufels aber hat Gott für bestimmte Zeit eingeschränkt. Jeder Wiedergeborene lebt mit Jesus, der für ihn eintritt, um ihn auszurüsten und fürs ewige Leben zu bewahren (1Kor 15,50-58).

 

 II.   Prämillenium

Zu der am meisten verbreiteten Ansicht der Futuristen zählt der Prämillenialismus. „Prä“ bedeutet: vor, vorher und bezieht sich auf die tausend Jahre, die vor der Wiederkunft Christi stattfinden sollen. Die meisten Prämillenialisten glauben, dass Jesus auf diese Erde zurückkehrt und in Jerusalem eintausend Jahre lang regieren wird. Nach diesen tausend Jahren findet ein allgemeines Gericht statt, das die Menschen entweder für den Himmel oder die Hölle einteilt. Einige sind der Meinung, dass das Endgericht nur noch den Ungerechten gilt. Die Prämillenialisten sind sich nicht einig über die Details ihrer Lehre, deshalb gibt es Unterschiede.

Die Mehrheit hält sich an die folgende Skizze:

 

 rg10c skizze

 

Erklärungen zur Skizze:

Ablehnung der Juden:
Die meisten Prämillenialisten lehren, dass Jesus auf diese Welt kam, um ein irdisches Reich zu gründen. Doch dieses Ziel konnte er leider nicht erfüllen, weil die Juden ihn ablehnten. Deshalb zog sich die Gründung des Reichs zeitlich auf später hinaus. Die dicke, schwarze Linie zeigt auf, wie sich Gottes Plan entwickelte, gemäss der genannten Theorie.

Gnadenzeitalter der Gemeinde:
Weil Jesus sein Reich nicht gründen konnte, als er auf dieser Welt war, gründete er als kurzfristige Übergangslösung die Gemeinde (daher wird bei dieser Lehre zwischen Reich und Gemeinde einen Unterschied gemacht.) Deshalb verläuft die dicke, schwarze Linie auf der Skizze nicht gerade, sondern um das Gnadenzeitalter der Gemeinde herum. Das besagt, dass der prophetische Plan Gottes kurzfristig unterbrochen wurde.

Offenbarung 1- 3:
Prämillenialisten glauben, dass die ersten drei Kapitel von den vergangenen zwei tausend Jahren „Kirchengeschichte“ berichten. Denn die Probleme der sieben Gemeinden sind typische Gemeindeprobleme damals wie heute. Andere glauben, dass die sieben Gemeinden die sieben Zeitalter der Gemeinden repräsentieren.

Akzeptanz der Juden:
An einem Zeitpunkt in der Geschichte wird sich das jüdische Volk Jesus zu wenden und ihn als Messias akzeptieren. Dann wird der prophetische Plan Gottes, ohne Umwege, bis zur endgültigen Erfüllung wieder fortfahren.

Entrückung und grosse Trübsal (7 Jahre):
Prämillenialisten glauben, dass nach der Akzeptanz der Juden eine Zeitperiode von sieben Jahren folgen wird. Zuvor werden jedoch die Gläubigen entrückt und auf Jesus treffen. Anschliessend wird eine grosse Trübsal von sieben Jahren über die Erde kommen. In dieser Zeit schweben die Gläubigen mit Jesus über der Erde, während auf der Erde Kaos herrscht.

Offenbarung 4-19:
Prämillenialisten glauben, dass die Kapitel 4 - 19 von dieser siebenjährigen Trübsal im Detail berichten. Besonders Kapitel 6-19 sind von der grossen Trübsal betroffen.

Irdische Herrschaft des Königs (1000 Jahre):
Nach den sieben Jahren wird Jesus auf diese Erde zurückkommen, um seine Feinde zu besiegen (in Harmagedon, Kap. 16) und ein irdisches Königreich zu gründen. Anschliessend regiert Jesus (politisch und religiös) auf einem irdischen Thron in Jerusalem für genau eintausend Jahre. In dieser Zeit werden alle Menschen auf Erden jährlich einmal nach Jerusalem reisen, um im wiederaufgebauten Tempel Gott anzubeten.  Es wird keine Armeen mehr geben, weil ein universaler Frieden auf Erden herrscht. Es wird auch keine Erdbeben, Unwetter, Tornados (Zyklone) usw. mehr geben während dieser Zeit. Wilde Tiere werden völlig harmlos sein, da sie sich vegetarisch ernähren und Kinder werden mit ihnen spielen (gem. Jes 11). Menschen werden in dieser Zeit keine Ärzte (Zahnärzte und Spitäler) mehr aufsuchen, weil es keine Krankheiten mehr gibt. Der Mensch wird so gesund aufwachsen, dass er mit hundert Jahren sich immer noch im Kindesalter befindet. Es wird ein paradiesischer Zustand sein wie damals während der Zeit von Adam und Eva.

Kurze Zeit:
Nach den tausend Jahren soll es eine kurze Zeit geben, in der es Satan erlaubt sein wird seine mächtige Armee zu sammeln. Ein Teil der Menschheit wird in ihre alte, sündhafte Natur, die sie von Adams Sünde geerbt hat, zurückfallen. Vom Teufel verführt werden sie sich zusammen rotten gegen Gottes Gerechtigkeit. Sie werden gegen Christus rebellieren. In einer finalen Schlacht wird Jesus am Ende dieser kurzen Zeit gegen Satan kämpfen und ihn mit seiner gesamten Anhängerschaft endgültig besiegen.

Grosses Endgericht:
Nach der Schlacht zwischen dem Teufel und Jesus mit ihren Armeen findet das grosse Endgericht statt. Der Teufel wird mit seinen Anhängern in den Feuersee geworfen.

Offenbarung 20:
Der Prämillenialismus lehrt, dass im Kapitel 20 die tausend Jahre Herrschaft, die kurze Zeit und der grosse Gerichtstag enthalten sind. Somit wird das Kapitel 20 zum Schlüssel für die Auslegung der Offenbarung gemacht.

Ewigkeit:
Nach dem grossen Gerichtstag findet die Ewigkeit statt. Alle sterblichen Gerechten werden unsterblich gemacht. Alle Ungerechten werden die Ewigkeit in der Hölle verbringen.

Offenbarung 21-22:
Prämillenialisten glauben, dass die letzten beiden Kapitel von einem neuen Himmel und von einer neuen Erde sprechen. Der Gerechte wird für alle Ewigkeit dort wohnen.

Kurze Analyse:
Drei Kapitel (1-3) in der Offenbarung behandeln fast zweitausend Jahre. Wobei sechzehn Kapitel (4-19) der Offenbarung über sieben Jahre detailliert Auskunft geben. In weniger als einem Kapitel (20) werden eintausend Jahre abgehandelt. Für die meisten Prämillenialisten ist die Offenbarung ein Buch, das sich hauptsächlich zu den chaotischen Verhältnissen, während der siebenjährigen Trübsal auf Erden, äussert. Evangelistische Dispensationalisten betonen in ihren Predigten den Satz: „Kehrt um, denn Jesus kommt bald!“ Viele glauben, die Stärke der futuristischen Ansicht liege darin, dass die Offenbarung wortwörtlich verstanden werden sollte (wie z. B. die tausend Jahre in Offb 20).

Schwächen der futuristischen Ansicht:
Es ist fraglich, ob der grösste Teil der Offenbarung einer Zeit von sieben Jahren gewidmet ist. Gleichzeitig ist es fragwürdig einer apokalyptischen Literatur (mit symbolischer Sprache) eine wortwörtliche Bedeutung zukommen zu lassen.  Oft erklärt der Text ja selbst die Bedeutung der erwähnten Symbole (siehe 1,20; 4,5; 5,6.8; 12,3.9; 17,9.12.15.18; 19,8; 20,14). Gleicherweise würde niemand behaupten, dass Jesus eine Tür oder der Türrahmen ist, wenn er erklärt (Joh 10,9): „Ich bin die Tür.“ Zudem hätte eine solche Auslegung wenig oder gar keine Botschaft übrig für die verfolgten Christen im ersten Jahrhundert. (Das Gegenteil ist der Fall!) Jesus würde zu ihnen sagen: „Ich verstehe, dass ihr leidet, doch seid getrost, denn in tausenden von Jahren wird Gott alles zum Besten wenden!“ Würden dann nicht viele zurecht antworten: „Das ist ja toll, aber ich brauche jetzt Hilfe, Herr!“

Die grösste Schwäche dieser Ansicht ist die Untergrabung der Gemeinde des Herrn Jesus, die er sich durch sein eigenes Blut erwarb (Apg 20,28). Gemäss den Prämillenialisten gäbe es gar keine Gemeinde, wenn die Juden Jesus von Anfang an angenommen hätten. Doch die Gemeinde ist gemäss der Heiligen Schriften ein lebendiger Bestandteil des Heilsplans Gottes (Eph 3,10-11.21).

 

 III. Die Bibel lehrt kein Prämillenialismus

Prämillenialismus ist eine Irrlehre, die sich zum grössten Teil auf eine Missinterpretation von Offenbarung 20 stützt. Diese falsche Theorie lehrt folgendes:

1. Christus wird auf die Erde zurückkommen, um sein Königreich zu gründen.

2. Er wird in Jerusalem regieren.

3. Er wird sich auf den Thron Davids setzen.

4. Das Gesetz Mose wird wieder in Kraft treten.

5. Diese Zeit wird von weltlichen Kriegen begleitet (die Schlacht in „Harmagedon), als Einleitung zum Millenium (= tausendjähriges Reich).

6. Die Gemeinde im ersten Jahrhundert war bloss ein Ersatz für das Reich Gottes, das anschliessend kam. Weil die Juden das Reich Christi nicht annahmen, hat es Gott für später aufgeschoben und gründete zuerst die Gemeinde.

7. Während der tausend jährigen Herrschaft wird Satan buchstäblich gebunden werden. In dieser Zeit werden Sünder eine weitere Gelegenheit erhalten, um den Herrn anzunehmen. Dies wird als „das Evangelium der zweiten Gelegenheit“ bezeichnet.

Diese Lehre soll anhand der Heiligen Schriften widerlegt werden. Punkt für Punkt antworten wir mit einem „so spricht der Herr“. In 1. Korinther 15,23-25 wird gelehrt, dass Jesus jetzt in seinem Reich regiert. Er wird nicht mehr auf diese Erde zurückkommen (1Thess 4,13-18). Wenn er am Himmel erscheint, wird er das Reich Gott, dem Vater übergeben. Die Erde wird es gar nicht mehr geben, noch eine Herrschaft auf ihr (2Petr 3). Es wird auch keine Gerechten mehr geben, die mit Jesus auf Erden regieren werden (1Thess 4). Jesus bestätigt im Johannes 18,36, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist (Mk 9,1; Lk 24,49; Apg 1,8; 2,4). Apostelgeschichte 2 und Epheser 1 zeigen deutlich, dass unser Retter seine Herrschaft antrat, nachdem er in den Himmel emporgehoben wurde.

Einige der oben genannten Schriftstellen widersprechen klar der menschlichen Theorie einer irdischen Herrschaft. Jerusalem wird in Offenbarung 20 nicht einmal genannt. Aus 1. Könige 2,12 und 1. Chronik 20,23 lernen wir, dass Davids Thron und Jahwes Thron ein und derselbe sind. Wer Sacharja 6,13 und Daniel 7,13-14, mit Epheser 1,20-23 und Offenbarung 3,21 vergleicht, stellt fest, dass Jesus sich nach seiner Himmelfahrt auf den Thron des Vaters setzte (also Davids Thron, vergleiche Apg 2,30). Christus wird nicht nach Jerusalem zurückkommen und sich auf den buchstäblichen Thron Davids setzen, weil er sich bereits auf den (himmlischen) Thron gesetzt hat!

Das Gesetz Mose fand sein Ende, als Jesus am Kreuz sein Blut vergoss (Mt 26,28; Röm 7,4-7; Gal 2,21; Hebr 10,9-10). Damit stiftete unser Erlöser den neuen und ewigen Bund (Hebr 13,20). Jesus ist der „Friedensfürst“ (Jes 9,6). Der Krieg, den er gegen den Teufel führt ist nicht gegen Fleisch und Blut (Joh 18,36; 2Kor 10,4; Eph 6,10-17; 1Tim 6,12). Eine weltliche Kriegsführung widerspricht dem Wesen Christi. Mit dem Buch der Offenbarung ist Vorsicht geboten, denn es ist ein prophetisches Buch voller Symbole, bildlicher Darstellungen und Sprache.

Das gottloseste Element dieser Irrlehre ist die Geringschätzung für die Gemeinde. In Epheser 3,9-11 wird klar, dass Gott die Gemeinde vor ewigen Zeiten geplant hat und dass sie niemals als Ersatz für das Reich dienen sollte. Das Reich und die Gemeinde machen dieselben Leute aus (Mt 16,18-19; Kol 1,13; Hebr 12,23-28; Offb 1,4-6). Das „Evangelium der zweiten Gelegenheit“ macht den Missionsbefehl Jesu absurd. Es widerspricht Stellen wie 2 Korinther 5,10 und Hebräer 9,27.

In Anbetracht dieser Fülle von biblischen Belegen, die uns gut aufklären, muss die erfundene Theorie des Prämillenialismuses vollständig verworfen werden.

 

 Zusammenfassung:

Es gibt in der ganzen Bibel nur eine einzige Stelle, die von einer tausendjährigen Herrschaft spricht (Offb 20). Diese eine Stelle wird durch viele Irrlehren völlig missbraucht und entstellt. Zusätzliche Bibelstellen ergänzen Offb 20 zu einer abenteuerlichen Szene, von der überhaupt nicht die Rede ist.

Es kann nicht genügend betont werden, wie vorsichtig mit prophetischen Schriften umgegangen werden sollte, da vieles in ihnen symbolisch zu verstehen ist (Offb 22,18-19).

Um zu den Tatsachen zurückzukehren, ist es notwendig zu fragen, was im vorliegenden Bibeltext (Offb 20) nicht gesagt wird. Die alttestamentlichen Propheten sprachen nicht von einer irdischen Herrschaft des Messias, sondern von einer geistlichen Herrschaft in den Herzen der Gläubigen (Kol 1,13). Zudem wird Jesus seit seiner Himmelfahrt als regierender König verkündigt (Apg 2,36). Wenn Jesus wiederkommt, wird er seine Herrschaft beenden und nicht beginnen (siehe 1Kor 15,22-24).

 

 Link:

- Auslegung der Bibel, Lektion 17: Prophetische Bücher des NTs.