Gottesdienst – Anbetung
Einleitung
Was ist Anbetung? Ist es Anbetung, wenn wir die Augen schliessen, singen oder der Predigt zuhören? Ist es Anbetung, wenn wir die Lippen bewegen, die Hände falten, oder uns auf die Knie werfen? Anbetung ist viel mehr als eine äussere Handlung!
I. Was Anbetung ist
Anbetung ist ein natürliches Bedürfnis des Menschen. Jeder Mensch sucht nach einem höheren Wesen, das er verehren und anbeten kann. Unser Schöpfer hat uns so geschaffen, dass der Mensch sich ohne Anbetung leer und unerfüllt fühlt. David bekannte in Psalm 122,1: „Ich war voller Freude, als sie zu mir sprachen: Wir gehen zum Haus des Herrn.“
Tiere können nicht anbeten! In der Bibel werden die Tiere stark von den Menschen unterschieden. Es heisst zum Beispiel im Psalm 42,1-2: „Wie die Hindin [Hirschkuh] lechzt an versiegten Bächen, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir.“ Wenn der Hirsch oder das Reh durstig ist, dann sucht es nach Wasser. Der geistliche Durst des Menschen leitet ihn zur Anbetung. Der geistliche Durst des Menschen kann niemals durch Wasser gestillt werden, sondern nur von Gott, bei dem sich die geistlichen Quellen befinden; die „Quellen der Rettung“ (Jes 12,3). Ähnliches, was Mensch und Tier unterscheidet, spielt sich ab in Ps 84,4: „Auch der Sperling hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest, wohin sie ihre Jungen gelegt hat - [in der Nähe] deine[r] Altäre, HERR der Heerscharen, mein König und mein Gott.“ Der Anbeter befindet sich weg vom Tempel des Herrn und ist auf die Vögel eifersüchtig, die ihre Nester beim Tempel und in der Nähe der Altäre bauen dürfen. Der Anbeter wünscht sich nichts mehr, als ganz in der Nähe Gottes zu sein, deshalb sagt er in Vers 2 (Ps 84,2): „Meine Seele sehnt sich, sie schmachtet nach den Vorhöfen des HERRN, mein Herz und mein Leib, sie rufen zum lebendigen Gott.“ Und (Ps 84,6): „Wohl denen, die in deinem Hause wohnen, sie werden dich immerdar loben.“
Den Herrn lobpreisen, das ist Anbetung! Wenn der menschliche Geist den Geist Gottes sucht, um sich mit IHM zu vereinen, das ist Anbetung. Anbetung ist die Verehrung Gottes, der uns geschaffen hat und uns am Leben erhält. Anbetung ist die Wertschätzung für das Leben, physisch und geistig, indem wir sagen: „Ich gehöre dir, Herr, und ich liebe dich.“ Jeder Gläubige freut sich auf die Anbetung mit seinen geistlichen Geschwistern, wie die Juden in den Tagen Davids, als die Zeit da war, zum Haus des Herrn zu pilgern (Ps 122,1). Dabei war schon der Weg dorthin ein freudiges Ereignis, wenn ein ganzes Volk nach Jerusalem pilgerte. Von allen Seiten, Ortschaften, Gebirgen und Tälern kamen sie. Ganze Familiensippen mit ihren Kindern, Geschwistern und ihren Kindern, Grosseltern usw. füllten die Wege und Strassen. Einige nahmen ihre Esel mit und packten sie mit Proviant, um auf dem Weg auch einmal Halt zu machen. Vielleicht wurden bereits geistliche Lieder gesungen. Das waren ganz aussergewöhnliche Tage, wenn Gottes Volk sich aufmachte zur Anbetung im Tempel Jerusalems. Diese Besonderheit ist uns modernen Christen leider völlig verloren gegangen. Trotzdem sehnen sich unsere Seelen nach der Anbetung Gottes in der Gemeinde (Ps 84,2). Doch richtige Anbetung ist nicht ganz einfach, sondern erfordert viel Disziplin, Kraft und Übung!
Die richtige Anbetung fordert unseren Verstand, unsere Gefühle und unsere Kraft heraus (Mt 22,37). Anbetung geschieht nicht physisch, obschon es auch grosse physische Kraft benötigt. Anbetung ist eine geistige Angelegenheit (Joh 6,63), die man nicht messen kann an Äusserlichkeiten, die innerlich stattfindet und unsichtbar ist (Sach 12,1; Mt 22,32). Wenn Anbetung der Ausdruck von Respekt, Ehrfurcht und der Verehrung ist, dann sind wir innerlich bewegt. Das heisst, es kommen auch Gefühle dazu. Diese innerlichen Gefühle können zum Teil äusserlich wahrgenommen werden, durch Tränen in den Augen, durch geschlossene Augen, durch strahlende Augen und Freude im Gesicht, durch unsere Stimmen, Lippen und unsere ganze Körperhaltung usw. Während die Anbetung innerlich geschieht, so kann sie durch äusserliche Handlungen ausgedrückt werden.
Zum Beispiel: Die kniefällige Verehrung (prosküneo). Von den Sterndeutern heisst es (Mt 2,11a): „Und sie gingen ins Haus hinein und sahen das Kind mit Maria, seiner Mutter; sie fielen vor ihm nieder und huldigten ihm ...“ In der biblischen Zeit war die kniefällige Verehrung der Ausdruck innerer Verehrung und Anbetung. Diese Ausdrucksform ist nicht mehr nötig, wenn wir die Aussage Jesu verstehen (Joh 4,23): „Die Stunde kommt, und sie ist jetzt da, in der die wahren [An-] Beter in Geist und Wahrheit zum Vater beten werden, denn der Vater sucht solche, die auf diese Weise zu ihm beten.“ Das heisst; es geht um die kniefällige Verehrung im Geist und nicht um eine körperliche Haltung. Trotzdem ist es nicht falsch beim Beten auf die Knie zu gehen oder sich ganz auf den Boden zu werfen. Es kann die innere Anbetungshaltung betonen. Die äussere Haltung muss aber nicht bedeuten, dass auch der Geist die gebeugte Anbetungshaltung eingenommen hat. Genauso verhält es sich mit unseren Lippen: Wir können die Lippen bewegen zum Gebet oder zum Gesang und trotzdem kann unser Herz weit weg sein vom Herrn (Mt 15,8). Daraus schliessen wir, dass das Wesen der Anbetung keine äussere – d. h. körperliche Angelegenheit ist, sondern eine rein innere – geistige. Die Anbetung Gottes ist somit eine rein mentale Angelegenheit, die wir einem Menschen nicht ansehen können!
II. Was Anbetung nicht ist
Es gibt einige die lehren, dass alles, was wir tun Anbetung oder Gottesdienst ist. Es stimmt, dass Paulus sagt in 1. Korinther 10,31: „Ob ihr nun esst oder trinkt oder sonst etwas tut: Tut alles zur Ehre Gottes!“ Das ist die eine Seite des christlichen Lebens. Wir werden aufgerufen vierundzwanzig Stunden im Tag Christen zu sein und nicht bloss dann, wenn wir zum Gottesdienst oder zur Anbetung erscheinen. Damit wird aber nicht gesagt, dass alles was wir tun Gottesdienst ist.
Die folgende Stelle wird gern missbraucht, um diese Behauptung zu unterstützen (Röm 12,1b): „Bringt euren Leib dar als lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer – dies sei euer vernünftiger Gottesdienst!” Es ist eine falsche Schlussfolgerung, wenn wir meinen, weil wir unser Leben dem Herrn Jesus Christus geweiht haben, sei unser ganzes Leben ein einziger Gottesdienst. Wir müssen die Anbetung, am Tag des Herrn in versammelter Gemeinde, mit dem christlichen Leben im Alltag unterscheiden! Wir können nicht mit einem Liederbuch und der Bibel in der Hand zur Arbeit gehen. Wir können unseren Arbeitgebern nicht erklären, dass wir Christen mehrere Stunden im Tag einer Predigt zuhören und das Abendmahl zu uns nehmen müssten. Dazu ist die besondere Zeit des Gottesdienstes am Sonntag gedacht, wie das die ersten Christen auch so hielten (Apg 20,7; 2,42). Die Stelle in Römer 12 will nichts anderes sagen, als dass wir Christen nicht mehr uns selbst leben, sondern für Christus, der für uns gestorben und auferstanden ist (2Kor 5,14). Gläubige können nicht prozentweise dem Herrn dienen. Christliches Leben ist nur vollzeitig möglich. Es gibt auch kein pensioniertes Christentum. Jesus sagt (Lk 14,33): „So kann denn keiner von euch, der sich nicht von allem lossagt, was er hat, mein Jünger sein.“ Manchmal beziehen sich Formen des griechischen Begriffes (latreia, latereuo) auf ein ganzes Leben und manchmal auf eine beschränkte Andachtszeit.
Anbetung geschieht nicht fortwährend. Als Abraham auf den Berg Morija stieg um anzubeten, dann tat er das, weil der Herr ihm es befohlen hatte (Gen 22). Nachdem er angebetet hatte, kehrte er ins Lager zurück. Übrigens, der Berg Morija ist der Ort, auf dem später der Tempel gebaut wurde. Sieben Tage lang fastete und betete David für das Leben seines sterbenden Kindes (2 Sam 12,15-20). Nachdem es gestorben war, stand er auf, wusch und salbte er sich, wechselte die Kleider. Anschliessend ging er in den Tempel, um anzubeten (warf sich nieder). Schliesslich setzte er sich wieder an den Tisch, um zu essen und zu trinken. Sein Gottesdienst war beschränkt und nicht fortwährend.
Der äthiopische Hofbeamte reiste auf seinem Wagen hunderte von Kilometern, um in Jerusalem anzubeten (Apg 8,27). Er war bereit diese aussergewöhnlich lange Reise auf sich zu nehmen, um einmal im Tempel in Jerusalem anbeten zu dürfen. Sein Gottesdienst im Tempel hatte ein Anfang und ein Ende. An manchen Orten hängt heute noch ein altes Schild am Eingang zur Kirche auf dem steht: „Trete ein um anzubeten und verlasse diesen Ort um zu dienen.“ Dieser Gedanke ist sehr treffend formuliert.
Es gab Zeiten, in denen Jesus an einsamen Orten anbetete (Mk 1,35). Es gab Zeiten, in denen Jesus öffentlich anbetete (Lk 2,41-43; 4,15). Doch Jesus tat viel mehr als das, „er zog umher und tat Gutes“ (Mt 4,23; Apg 10,38). Anbetung ist Dienst an Gott. Wenn wir uns mit Gleichgesinnten versammeln, dann kommen wir zum Gottesdienst zusammen wie die ersten Christen das auch taten. Auch die Juden hatten ihre Anbetungsstätten überall im Land, an denen sie sich regelmässig versammelten. Es gibt einen Gottesdienst, der senkrecht direkt auf Gott gerichtet ist. Es gibt einen Gottesdienst, der horizontal auf Menschen ausgerichtet ist (1Tim 5,8.10; Mk 6,31). Diese beiden Formen dürfen nicht miteinander vermischt werden. Dies wird gerne getan, um das Fernbleiben der regelmässigen Versammlungen mit den Heiligen zu rechtfertigen.
Schlussfolgerungen
Gott will angebetet werden und zwar an einem ganz bestimmten Tag; am Tag des Herrn (Apg 20,7; 2,42; 1Kor 16,1; 11,24; Hebr 10,25; Offb 1,10).
Die Anbetungszeit in versammelter Gemeinde kostet viel Kraft und Disziplin. Nur geübte Anbeter können sich während einer bestimmten Anbetungszeit völlig auf den Herrn konzentrieren. Anfänger müssen es zuerst lernen und hart üben, um richtig anbeten zu können. Denn die Anbetung Gottes ist eine geistige Angelegenheit, die man nicht messen kann an Äusserlichkeiten, die innerlich stattfindet und unsichtbar ist. Denn der Herr beurteilt uns nach unseren Herzen (1Sam 16,7). Geistliche Lieder singen ist noch nicht Anbetung. Die Augen zum Gebet zu schliessen ist noch nicht Anbetung. Das Abendmahl einzunehmen ist noch nicht Anbetung. Während der Predigt still dazusitzen ist noch nicht Anbetung. Der Herr will unser ganzes Herz! Er will uns im Geist wahrnehmen können. Er will, dass wir uns von seiner Wahrheit erfüllen lassen. Er will, dass wir IHM jedes Mal unser Leben von neuem versprechen und uns ganz hingeben als lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer!