Wiederaufbau Jerusalems
Teil 1
I. Kapitel 1: Nehemias Trauer und Gebet
Das Buch Nehemia ist eine persönliche Aufzeichnung, da es in der „Ich-Form“ geschrieben wurde.
Im 20. Jahr der Regierung des persischen Königs Artaxerxes (465-224 v. Chr.); d. h. 445 v. Chr. In Kapitel 1,1 wird vom neunten Monat Kislew geredet (im 20. Jahr). In Kapitel 2,1 wird vom ersten Monat Nisan geredet (im 20. Jahr). Somit könnte die schlechte Nachricht noch im alten Jahr, nämlich 445 v. Chr. überbracht worden sein. 444 v. Chr., im ersten Monat Nisan, könnte je nach Herrschaftsantritt des Königs trotzdem noch stimmen.
Chanani, ein israelitscher Bruder kommt in die Brug Schuschan (Susa) in Persien. Während Nehemia mit ihm das Essen einnimmt, erkundigt er sich nach dem gegenwärtigen Zustand in Judäa (V. 2). Chanani berichtet ihm über die Schande der zerstörten Mauer Jerusalems und ihre verbrannten Tore (V. 3): 2. Kön. 25,9-10.
Nehemia ist entsetzt (V. 4): Er weint und trauert. Er fastet und betet. Siehe Ähnlichkeiten mit Esras (9,6-15) und Daniels Gebet (9,3-19). Es gab drei Arten von Fasten:
Die gesetzlichen Fastentage (Lv. 16,29-31)
Nationales Unheil (Jer. 38,8-9; Jon. 3,5), oder persönliche Tragödien (2. Sam. 12,16-22)
Als Akt der Hingabe (Lk. 18,12) und Heiligung (Apg. 21,26)
Nehemias Gebet (V. 5-11): Dt. 4,29.
Gott (= Elohim) ist gross, furchterregend und treu. Wenn Gott mit Menschen einen Bund schliesst, dann hält er sich daran. Es ist der Mensch, der den Bund mit Gott bricht (Ex. 24,3-8; Dt. 11,26-28; 28,1-6.15-19). Nehemia bittet nicht nur für das untreu Volk um Vergebung, sondern auch für seine eigene Familie (V. 6). Es sieht aus, als ob Nehemia bereits fest entschlossen ist, vor König Artaxerxes zu treten und ihn zu bitten, nach Jerusalem reisen zu dürfen (V. 11).
Nehemia war Jude, der es zum Mundschenk des Königs gebracht hatte (1,11). Ein Mundschenk war ein Hofbeamter des Königs, der allein oder mit andern zusammen für die Versorgung der Hoftafel mit Getränken verantwortlich war. Bei den nicht seltenen Giftmordversuchen handelte es sich um eine besondere Vertrauensstellung, wodurch der Mundschenk zugleich grossen Einfluss beim Herrscher besass. Aus den folgenden Versen, in Kapitel 2, ist die Aufgabe eines Mundschenks deutlich ersichtlich.
II. Kapitel 2: Nehemias Aufbruch nach Jerusalem
Nehemias bittet den König um Entsendung nach Jerusalem (V. 1-8).
Die Trauer Nehemias sieht man ihm vier Monate später noch an (siehe Zeitrechnung in der Einleitung). Der König bemerkt, dass etwas nicht stimmt mit seinem Mundschenk (V. 2):
Ist der Wein etwa vergiftet, den sein Mundschenk gekostet hat? (physisch)
Ist sein Mundschenk aus irgendeinem Grund traurig? (geistig)
Nehemia begibt sich auf gefährliches Terrain.
Es könnte ihn seine Stellung, ja sogar sein Leben kosten (Est. 4,11). Er weiss, dass er grundsätzlich keine Rechte vor dem König hat. Es ist seine Aufgabe den König bei guter Laune zu halten. Seine privaten Angelegenheiten kümmern normalerweise einen König nicht. Deshalb fürchtet er sich sehr (V. 2b).
Wie lange Nehemia am Königshof diente, ist uns nicht bekannt. Der König hatte ihn noch nie so traurig erlebt (V. 1). Offensichtlich genoss Nehemia eine engere Beziehung zum König und seiner Frau. Obschon Nehemia ein Juda war und bestimmt mit einigen gottlosen Dingen am Königshof nicht einverstanden war, genoss er durch seinen Arbeitsdienst grosses Vertrauen und hohen Respekt beim König und bei der Königin. Er erzählt ihnen, was ihn bedrückt (V. 3).
Der König fragt Nehemia nach seiner Bitte (V. 4). Nehemia sendet ein Stossgebet gegen den Himmel. Er bittet den König um Entsendung nach Jerusalem als Statthalter (V. 5). Der König will die Aufenthaltsdauer Nehemias genau festgelegt haben (V. 6). Wir wissen, dass Nehemia zwölf Jahre weg war und als Statthalter Judas diente: Neh. 5,14. Obschon der König einen seiner engsten Angestellten verliert, stimmt er zu.
Nehemia bittet weiter um:
einen Begleitbrief, Empfehlungsbrief (Schutzbrief, Reisepass)
einen Forderungsbrief für Holz zum Bau des Tempels und der Tore Jerusalems.
Diese Bitte ist ziemlich „dicke Post“ und sehr aussergewöhnlich für einen Mundschenk. Dies deutet auf eine enge Beziehung Nehemias zum Königshof hin. Nehemias flehentliche Bitten um Barmherzigkeit fanden Erhörung (1,11). Wie in Esra, finden wir auch hier wieder die Aussage „die gute Hand meines Gottes“ (V. 8).
Aufbruch nach Jerusalem!
Nehemia geht direkt zu den Führern in der Gegend (V. 9-10).
Er übergibt ihnen die Begleitbriefe, die sein Vorhaben von der höchsten persischen Instanz unterstützte. Im Gegensatz zu Esra (Esr. 8,22), akzeptiert Nehemia den Begleitschutz durch die persischen Truppen (V. 9). Der Gedanke des Wideraufbaus in Jerusalem schaffte neue Feindschaft (V. 10). Es gibt gute Gründe, dass Sanballat der Statthalter Samariens war und auf den Wiederaufbau Jerusalem gar nicht gut zu sprechen war. Nach der Abspaltung der zehn Stämme, wurde der Graben zwischen Samarien und Jerusalem immer grösser (1. Kön. 12). Nach der Wegführung der zehn Stämme, siedelten sich dort einige Assyrer an (2. Kön. 17,24).
Nehemia in Jerusalem (V. 11-20).
Wie Esra ruht auch er sich drei Tage aus von der strapaziösen Reise (Esr. 8,32). Angesichts der Opposition im Land, macht sich Nehemia nachts auf. Er nimmt ein paar Männer als Schutztruppe mit sich. Er will den Zustand der Stadtmauer besichtigen. Gleichzeitig versucht er abzuschätzen, wie viel Arbeitskräfte, Material und Zeit für den Wiederaufbau benötigt werden.
Nehemia kommt von Norden her in die Stadt.
Er geht am Tempel vorbei bis zum Tal-Tor. Von dort geht er südlich bis zur Drachenquelle (Schakal-Quelle). Dann, weiter südlich bis zum Mist-Tor (südlich der Stadt am Hinnomtal). Das Hinnomtal ist bekannt für verschiedene Scheusale und ist für Juden zum Inbegriff der Hölle (Geenna) geworden. Die Judäer liessen dort ihre Kinder durchs Feuer gehen (Jer. 7,31-32.35; 2. Kön. 23,10). Dort wo sich der königliche Garten befand, da gab es vermutlich auch einen Königsteich (ev. Teich Siloah; 2. Chron 32,30-31). Es ist anzunehmen, dass Nehemia im speziellen den südlichen - und den süd-östlichen Teil der Stadtmauer (Seite Kidrontal) untersuchte. Offenbar gab es zu viele herumliegende Steine der Stadtmauer, so dass Nehemia zu Fuss weitergehen musste. So ging er auf der Seite des Kidrontals wieder nördlich und kam dann wieder zum Tal-Tor, wo er schon einmal war.
Nehemia versucht eine Opposition zu verhindern, deshalb verhält er sich still über seine nächtliche Expedition (V. 16). Nachdem er sich alles genau angesehen und den Plan zum Wiederaufbau erstellt hat, versucht er so viele Männer wie möglich zu mobilisieren (V. 17). Wie Mose damals vor dem Auszug (Ex. 3,15), so argumentiert Nehemia mit der guten Hand Gottes, die über ihm ist (V. 18). Denn nur der Herr allein machte es möglich, dass Nehemia nach Jerusalem entsannt wurde für den Wiederaufbau der Stadtmauern. Damit kann er seine Volksgenossen überzeugen und sie machen sich ermutigt und motiviert an die Arbeit.
Die Gegner sind namhafte Führer der umliegenden Gebiete (V. 19):
Sanballat, ein Choroniter
Tobija, ein Ammoniter
Geschem, ein Araber
Sie gehen mit drei Angriffen vor:
Sie spotten über das Vorhaben.
Sie verachten die Bauleute.
Sie verklagen die Bauleute, dass sie sich gegen den König auflehnen.
Nehemia erinnert seine Gegner, dass dieses Vorhaben von Gottes Wille getragen wird (V. 20). Er und seine Bauleute tun dies als gehorsame Diener des Herrn. Wie Esra (Esr. 4,3), erklärt auch er den Anklägern, dass sie keinen Anteil am Tempel und an Jerusalem besitzen.
Lektion: Nehemias tiefer Glaube überzeugt. Seine enge Beziehung zum Herrn und zu seinem Volk ist deutlich ersichtlich. Er weint, trauert, fastet und betet. Er riskiert sein Leben beim König. Er ist bereit, seine sichere und bequeme Stellung aufzugeben, um am ungemütlichen Wideraufbau Jerusalems tatkräftig mitzuhelfen. Siehe Hebräer 11,36-38. Bsp. Jesus verliess den Himmelsthron für uns (Phil. 2,5-11). Nehemias Hingabe ist vorbildlich und deshalb ist Gottes Hand über ihm. In Jerusalem überzeugt er mit seinem starken Glauben. Er beweist aber auch grossartige Leiterschaft. Der Teufel verachtet auch unseren Dienst und unsere Hingabe am Reich Gottes.
Wo sehen wir in unserem Leben, dass Gottes Hand über uns war oder ist?
III. Kapitel 3: Der Wideraufbau der Stadtmauer führt zum Widerstand
A. Verzeichnis der Bauleute (V. 1-32):
1. Dieses Verzeichnis mag uns befremden, weil wir nicht verstehen, welch grosse Bedeutung dies für die Beteiligten hat.
a) Die aufgeführten Namen sind wie die Helden Davids (1. Chron. 11,10).
b) Wie diese Namen, so sind alle Gläubigen im Buch des Lebens aufgeführt (Offb. 21,27).
2. Es gab auch solche, die zu vornehm waren, um mit Hand anzulegen (V. 5).
B. Erneuter Widerstand gegen den Mauerbau (V. 33-38).
1. (In der alten Zürcherbibel beginnt hier bereits Kapitel 4.)
2. Sanballat wird zornig, ärgert sich und spottet über die „erbärmlichen Judäer.“
a) Mit erbärmlich bezeichnet man jemand der schwach ist und unfähig.
b) Eine Waffe Satans sind Schmähungen und Verspottung:
(1) Christen müssen damit rechnen, dass sie ausgelacht und verspottet werden: Matthäus 5,11-12
(2) Auch Jesus wurde verspottet,
(a) von den Römern (Mt. 27,27-31)
(b) von den Juden (Mt. 27,40-43)
(c) vom Verbrecher am Kreuz (Lk. 23,39)
c) Wir müssen uns nicht elend fühlen, wenn wir um des Namens Christi geschmäht werden: 1. Petrus 4,14
3. Auch Tobija spottet über die eifrigen Bemühungen der Judäer, die riesige Mauer wieder aufzubauen, die unter vielen Fachkräftigen Arbeitern errichtet wurde.
a) Der Salomonische Tempel wurde in sieben Jahren erbaut (1. Kön. 6,37-38).
b) Der Herodianische Tempel wurde in 46 Jahre erneuert (Joh. 2,20).
4. Nehemia lässt sich nicht auf die Provokationen seiner Gegner ein.
a) Er übergibt die Rache dem Herrn (Mt. 5,38-48; Röm. 12,17-21)
b) Er betet, dass Gott an den Feinden Rache nehmen möge:
(1) Solche Befreiungsgebete sind erlaubt und gesund für die Seele.
(2) Unterdrückung unserer Gefühle macht krank.
5. Wir können uns kaum vorstellen wie wichtig diese Mauer für Jerusalem war, denn eine Stadt ohne Mauer war allen Feinden schutzlos ausgeliefert.
a) Es gab gar keine andere Lösung, als sich gegen den Widerstand zu wehren.
b) Die Mauern Jerusalems mussten wieder aufgebaut werden, um dort wieder leben und anbeten zu können.
C. Lektion:
1. Immer wieder gab es grosse Gottesmänner, die mit ihrem ausserordentlich starken Glauben sich tapfer gegenüber der Mehrheit behaupteten (Heb. 11).
a) Ihre Namen stehen heute noch als Vorbilder da.
b) Ihre Taten werden heute noch überall erzählt (Mk. 14,3-9; die Frau mit der Alabasterflasche).
2. Wenn Gott hinter einer Sache steht, dann gibt es für die Gegner keine Chance:
a) Mose gegen Pharao (Ex. 5,1-2).
b) Elia gegen 450 Baalspropheten (1. Kön. 18,20-40).
c) Hiskia gegen die Armee des Königs von Assyrien (2. Kön. 19,14-37).
3. Leider gibt es auch in der Gemeinde heute immer wieder Gegner, die versuchen, die Aufbauarbeit zu hindern, zu entmutigen, ja sogar zu zerstören.
a) Sie legen andern schwere Bürden auf (Mt. 23,1-4).
b) Sie selbst werden das Reich nicht ererben (Mt. 23,13).
c) Sie predigen Freiheit, während sie selbst Sklaven des Verderbens sind (2. Pet. 2,19).
4. Alles beginnt einmal klein und kann verhöhnt werden von den Gegnern.
a) Doch mit viel Ausdauer im Glaube kann Gottes Werk gelingen.
b) So ist es auch mit einer neuen Gemeindearbeit.
c) Gott wird uns segnen für die Arbeit, die wir für den Aufbau seiner Gemeinde tun.
IV. Kapitel 4: Erfolgreiche Verteidigung des Mauerbaus
A. Die Gegner verschwören sich gegen Nehemia (=mobbing, V. 1-2).
1. Nehemia betet mit den Arbeitern zum Herrn (V. 3).
2. Die Folge des Gebets:
a) Den Arbeitern geht die Kraft aus (V. 4; Eph. 2,8-10).
b) Nehemia werden die Angriffspläne der Feinde gemeldet (V. 6).
c) Die Arbeiter werden bewaffnet und nach Sippen geordnet (V. 7).
d) Sie vertrauen dem Herrn u. sind bereit zu kämpfen für die Sache Gottes (V. 8).
e) So machte Gott den Plan der Gegner zu Nichte (V. 9).
B. Nehemia geht taktisch sehr geschickt vor, indem er alle zur Verfügung stehenden Leute am Mauerbau beteiligt und jedem seinen Platz zuweist (V. 10-17).
1. Die Hälfte arbeitet an der Mauer, während die andere Hälfte sich als bewaffnete Krieger aufstellen.
2. Auch die Obersten der Stadt kann Nehemia für dieses Vorhaben gewinnen.
3. Die Hälfte, die arbeitet, ist auch bewaffnet:
a) In der einen Hand die Kelle, das Arbeitswerkzeug.
b) In der andern Hand das Schwert.
4. Der Trompeter mit dem „Schofar“ steht immer neben Nehemia, um jederzeit Alarm zu blasen.
5. Nehemia stellt die Arbeiter so auf, dass alle den Alarm jederzeit hören können.
6. Auch in der Nacht stellen sie Wachen auf.
7. Sie wechseln nicht einmal ihre Kleider, sondern sind 24 Stunden im Dauereinsatz.
8. Die Wiederherstellung der Mauer dauert 52 Tage: Kapitel 6,15
C. Auch wir sollen unsere Waffenrüstung anziehen und bereit sein für Gottes Gemeindeaufbau zu arbeiten und zu kämpfen (1. Kor. 9,16-22; Eph. 6,11-18).
1. Jeder soll nach seinen Fähigkeiten am grossen Werk Gottes beteiligt sein ().
2. Satan wird versuchen, auch uns an der Arbeit zu hindern (1. Thess. 5,8-11).
3. Satans Ziel ist es, auch uns zu entmutigen (siehe V. 4; 1. Pet. 5,8).
4. So wie Nehemia die Leute ermutigte (V. 8), so sollen die Leiter der Gemeinden die Gläubigen ermutigen nicht aufzugeben (1. Thess. 2,11-12).
V. Kapitel 5: Nehemia wendet sich an die Oberen der Stadt
A. Unter dem Volk entsteht ein verzweifeltes Aufschreien, weil sie unterdrückt werden von ihren Volksgenossen (V. 1-5).
1. Der Klassenunterschied im Volk wird immer grösser.
2. Die Oberen der Juden bereichern sich schamlos an den Bauern und Arbeitern.
a) Die Familien hungern, weil die Nahrung zu teuer geworden ist.
b) Es werden zu hohe Steuern einkassiert.
c) Weinberge und Häuser müssen verpfändet werden.
d) Sklavenarbeiten sind angesagt und es reicht immer noch nicht.
3. Kommt uns das bekannt vor? (wie die heutige Wirtschaftslage!)
4. Damit verletzen sie das Gesetz Mose (Ex. 22,24-25; Dt. 23,19-20).
a) Juden dürfen von Juden keine Zinsen einfordern, nur von Heiden.
b) Die Reicheren im Land sind habgierig geworden.
B. Als Nehemia das sieht, wird er zornig und deckt diesen Missbrauch auf (V. 6-13).
1. Sein Zorn ist heilig und artet nicht in einen Jähzorn aus (Eph. 4,26).
2. Er denkt über alles zuerst gründlich nach, bevor er handelt (V. 7).
3. Erneut zeigt Nehemia sein grosses Verhandlungsgeschick.
a) Als Statthalter von Jerusalem schart er eine grosse Lobby hinter sich und beruft eine Volksversammlung ein.
b) In aller Öffentlichkeit stellt er die Machenschaften der Oberen an den Pranger, indem er sie des Wuchers anklagt.
c) Er redet als Reicher zu den Reichen und braucht das Wort „wir“ (V. 8.10).
(1) Mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, versucht er seine Landsleute freizukaufen.
(2) Doch nun werden sie erneut versklavt von ihren eigenen habgierigen Brüdern, die kaum einen Finger bewegen (3,5).
(3) Nehemia ordnet einen Schuldenerlass an.
(a) Er sagt nicht zu den Reichen: „Tut, was ich euch gebiete!“
(b) Er sagt vielmehr: „Tut, was auch ich tue!“ (1. Kor. 4,16; 11,1)
d) Als Mundschenk des Königs, besetzt er nicht nur eine hohe Stellung mit grossem Einfluss, sondern verdient auch sehr gut.
(1) Deshalb kann er auch grosse finanzielle Opfer bringen.
(2) Und nun verlangt er, dass den Bauern ihre Felder und Weinberge zurückgegeben werden.
e) Die Oberen sind sprachlos und einsichtig und erlassen den Bauern ihre Schulden.
C. Nehemias Selbstlosigkeit als Statthalter Jerusalems (V. 14-19).
1. Er diente dem Volk Israel als Statthalter 12 Jahre, ohne einen Lohn dafür zu kriegen, nicht wie seine Vorgänger (V. 15).
2. Er speiste grosszügig jeden Tag 150 Männer unentgeltlich an seinem Tisch.
3. Nehemia (vermutlich unverheiratet) zählt zu den Wohlhabendsten im Land.
a) Sein Reichtum hat ihn aber keineswegs habgierig gemacht (Mt. 19,23-24).
b) Er hat gelernt, dass Geben glücklicher macht als Nehmen (Apg. 20,35).
c) Er hat gelernt, dass Gott für die sorgt, die für andere sorgen (Lk. 6,38).
d) Er sammelt sich viel lieber Schätze im Himmel (Mt. 6,20).
4. Alles was Nehemia tat für das Volk das tat er aus Glauben an den lebendigen Gott (V. 5,19; 13,14).
VI. Kapitel 6: Mordpläne gegen Nehemia
Nehemia lässt sich nicht einschüchtern (V. 1-9).
Sanballat, Tobija (=Samariter) und Geschem (=Araber) verschwören sich gegen den Gottesmann. Sie erkennen, dass es mit dem Mauerbau vorangeht. Das gefällt ihnen gar nicht. Um Nehemia zu töten, müssen sie ihn weglocken von den bewaffneten Israeliten. Vier Mal lassen sie ihn rufen, doch Nehemia hat ihre Arglist erkannt und sagt das Treffen jedes Mal ab. Mit der fünften Einladung verleumden die Gegner Nehemia mit der Begründung, er plane einen Aufstand gegen den Artaxerxes er lasse sich durch Priester eigenmächtig zum König über Juda einsetzen.
Der Brief könnte ähnlich überliefert worden sein, wie der Brief zur Zeit Hiskias (2. Kön. 18,17-19,14; 2. Chron. 32,9-20). Gaschmu ist vermutlich eine andere Form von Geschem (V. 6). Doch Nehemia lässt sich nicht provozieren. Ein Bote überbringt die Antwort, dass alles gelogen sei und Nehemia keine solchen Pläne habe (V. 8). Die Gegner haben nur ein Ziel: Nehemia und seine Leute einzuschüchtern (V. 9) und am Mauerbau zu hindern.
Nehemia bleibt fest mit dem Herrn verbunden. Er wendet sich bittend an den Herrn (Mk. 9,23-24). Er bittet um Stärkung in seiner „grossen Arbeit“ (V. 3+9; Jes. 41,10).
Nehemia verstösst nicht gegen Gottes Gebote (V. 10-14).
Als Nehemia zum Haus des Priester kommt, möchte der ihn im Allerheiligsten vor den Feinden verstecken. Gemäss dem Gesetz Mose ist das Allerheiligste nur für Priester zugänglich (Nu. 18,7; 2. Chron. 26,16-21). Nehemia erkennt sofort, dass der Priester - nicht von Gott gesandt ist, von seinen Gegnern gesandt ist, von seinen Gegnern gekauft wurde.
Der Priester Schemaja (10,9; 12,42) ist in seinem Haus „eingeschlossen“. Er darf das Haus nicht verlassen, weil er unrein ist (Lv. 21,16-23; 22,2-9). Priester durften nicht ins Heiligtum Gottes, wenn sie sich verunreinigten. Unreinheit konnte körperlich oder zeremoniell entstehen. Nehemia bittet den Herrn immer wieder, sich seiner zu erinnern (5,19; 6,14; 13,14.22.31).
Die Mauern Jerusalems werden fertig gestellt (V. 15-19).
In 52 Tagen wurden die Mauern wieder aufgebaut. Der Monat Elul ist der sechste Monat (Aug./Sept., zur Weinlese) im jüd. Kalender. Selbst die Gegner, die am Anfang spotteten, fürchten sich nun (Dt. 28,9-10). Die Gegner müssen einsehen, dass hinter diesem gewaltigen Werk - nicht die grosse Anzahl der Bauleute steckt, sondern der unerschütterliche Glaube einer Minderheit, und vor allem aber die starke Hand Gottes, die durch Nehemias aussergewöhnliche Leitung wirkt.
Offenbar fand ein grosser Briefwechsel statt zwischen dem Ammoniter Tobija (2,10) und den Vornehmen Judas. Die Vornehmen Judas pflegten einen engen Kontakt zu lobten Tobija. Sie lobten Nehemia und die Wideraufbauarbeiten. Tobija hatte einen grossen Einfluss in Juda und musste unter Nehemia seine Vorratskammern wieder an den Tempel abtreten (13,4-9).
Lektion: Nehemia ist ein aussergewöhnlicher Leiter und Gottesmann (Gal. 6,7-10).
Er prüft alles mit dem Geist Gottes und trifft keine vorschnellen Entscheidungen.
Er lässt sich nicht einschüchtern durch Drohungen.
Er lässt sich nicht verführen zu Handlungen, die wider Gottes Gebote sind.
Er geht als grosser Führer in die Geschichte ein, weil er sich von Gott führen liess.
VII. Kapitel 7: Volkszählung
Nehemia setzt einige Leute zum Dienst ein (V. 1-3).
Torwächter, Sänger und Leviten. Als Oberbefehlshaber setzt Nehemia - Chanani (seinen Bruder) ein für die Stadt, und Chananja für die Burg (war zuverlässig und gottesfürchtiger als die Übrigen). Aus Sicherheitsgründen sollen die Tore erst geöffnet werden, wenn alle Bewohner der Stadt wach sind.
Verzeichnis der Rückkehrer (V. 4-72).
Es waren ungefähr 50'000 Juden zurückgekehrt, die jedoch nicht alle in der Stadt lebten (siehe Liste in Esr. 2,64-65). Offenbar gab es noch nicht genug Leute in der Stadt, um die nötigen Wachposten zu besetzen. Die besten Mauern und Tore nützen nichts, wenn es keine Wachen gibt. Um die Sicherheit und Verteidigung der Stadt zu gewährleisten, musste einer von Zehn sich in der Stadt registrieren lassen und dort leben (11,1). Zur Einweihung Jerusalems wird reichlich gespendet.
Schlussfolgerungen
Durch seinen Glauben und seine Selbstlosigkeit gelingt es dem Junggesellen Nehemia die Mauern Jerusalems in 52 Tagen wieder aufzubauen und die Stadt zu sichern. Nach 142 Jahren war Jerusalem wieder befestigt (586-444 v. Chr.). Trotz einiger Widerstände hält Nehemia am Wiederaufbau fest. Nur durch grossen Einsatz und göttliche Führung gelingt Nehemia dieses Vorhaben.
Nehemia beweist starken Glauben und grosse Führungsqualitäten. Er besitzt auch ein aussergewöhnliches Verhandlungsgeschick. Die gute Hand Gottes war mit Nehemia.
Eine der Waffen Satans ist es, uns Gläubigen immer wieder Angst zu machen. Angst, Christus zu bekennen (Mt. 10,28). Angst, unsere Entschlossenheit im Glauben zu schwächen (Heb. 10,39). Doch wir wollen uns nicht einschüchtern lassen, sondern wie Nehemia unermüdlich für die Gemeindearbeit des Herrn einstehen! (Phi. 1,28)