Genesis-40: Josef bewährt sich im Gefängnis

Gründung der hebräischen Nation

 

 

 Einleitung

Wir alle haben unsere Höhen und Tiefen im Leben. Aber die Höhen und Tiefen, die Josef in seinem Leben erfuhr, kennen die wenigsten. Der Lieblingssohn eines reichen Patriarchen, erfuhr grosse Veränderungen in seinem jungen Leben, als seine eifersüchtigen Brüder ihn in die Sklavschaft Ägyptens verkauften. Doch er schaffte es, sich beim Potifar beliebt zu machen und sein Stellvertreter zu werden. Aus der herrlichen Höhe fiel er erneut in die Tiefe, indem er wegen einer Verleumdung ins Gefängnis geworfen wurde. Doch der Herr war mit ihm und liess ihm alles gelingen, so dass Josef im Gefängnis eine besondere Stellung unter den Gefangenen erhielt (39,22).

Gott hatte mit Josef etwas Grosses vor und deshalb liess er ihn aus der Tiefe immer wieder aufsteigen. Vielleicht beneiden wir Josef ein bisschen, weil er von Gott ganz besonders geführt war. Immer wieder lesen wir (39,2.21): „Der Herr aber war mit Josef, es gelang ihm alles wohl ...“ Doch Gottes Diener sind nicht beneidenswert, denn die Meisten von ihnen mussten viel Unangenehmes über sich ergehen lassen, wie auch Josef.

 

 I.   Pharaos Diener im Gefängnis mit Josef (Verse 1-8)

Wir wissen nicht wie lange die Zeit dauerte, da Josef im Gefängnis sass. Wir springen mit unseren Augen von einer Sekunde zur andern in ein neues Kapitel und denken gar nicht daran, welche Schmach Josef Tag für Tag ungerechtfertigter Weise im Gefängnis erduldete. Irgendwann kommen zwei weitere Gefangene dazu (V. 1).

Sie waren die Diener des Pharaos: der Mundschenk und der Bäcker. Offenbar vergingen sie sich auf irgendeine Weise schwer an ihrem König. Wir kennen den Grund nicht. Wir wissen nur, dass der Pharao zornig war über seine Diener (V. 2).

Deshalb wurden sie dem Obersten der Leibwache übergeben. In Kapitel 39,1 lesen wir, dass Potifar der Oberste der Leibwache war, der Josef den Ismaelitern abkaufte. Die Diener des Pharaos kamen ausgerechnet dorthin, wo Josef gefangen war (V. 3).

Da wurde Josef mit ihrer Bedienung betraut und so verging einige Zeit (V. 4). Die Tatsache, dass Potifar seine Gefangenen Josef anvertraute zeigt, dass er vermutlich an den Verleumdungen seiner Frau über Josef zweifelte. Doch wie es im Leben so ist, zwingen manchmal die Umstände zu einem bestimmten Handeln. Josef bewies auch im Gefängnis seine Zuverlässigkeit und führte seine Arbeit zur vollen Zufriedenheit seines Herrn aus (39,23).

Da hatten die beiden Diener in derselben Nacht je einen Traum (V. 5).

Gott bediente sich dem Zeitgeist der Ägypter. Besondere Träume waren bei den heidnischen Völkern nichts Ungewöhnliches. Doch Träume machten sie besorgt und krank, denn sie glaubten, dass die Götter sie warnten vor der nahen Zukunft und deshalb benötigten sie dringend Deutung. Josef sah sofort, dass mit den Beiden etwas nicht stimmte und er erkundigte sich nach ihrem Zustand (V. 6-7).

Offensichtlich waren die Beiden nicht über ihre Träume besorgt, sondern sie waren missmutig, weil ihnen im Gefängnis kein Traumdeuter zur Verfügung stand (V. 8). Wären sie frei gewesen, hätten sie einen berufsmässigen Traumdeuter aufgesucht. Träume und Traumdeutungen spielten im Alten Ägypten eine wichtige Rolle. Traumdeutung galt als eine besondere Wissenschaft. Im Nahen Osten existierten einige Bücher über Traumdeutungen und Anleitungen, was zu tun sei oder zu unterlassen. Besonders Könige hatten ihre Magier, Zauberer, Hexer und Sterndeuter (Dan. 2,1-2). Man glaubte daran, dass ein geschickter Ausleger mit seiner Magie den Träumen sogar einen guten Ausgang verschaffen konnte.

Josef versuchte ihnen mit einer Frage zu verstehen zu geben, dass der allmächtige Schöpfer Gott allein die Träume eines Menschen richtig zu deuten vermag (V. 8). Dann forderte er sie auf, ihm ihre Träume zu erzählen. Damit wollte er ihnen Gottes Macht demonstrieren. Er selbst hatte ja auch schon besondere Träume (Kap. 37).

 

 II.   Der Traum des Mundschenks und seine Deutung (Verse 9-15)

Der Mundschenk erzählte Josef seinen Traum (V. 9-11). Er sah einen Weinstock mit drei Trieben, der reife Beeren hervorbrachte. Diese Beeren nahm er in seine Hand und presste sie in den Becher des Königs. Der König aber trank aus dem Becher frischen Wein.

Der Traum war wie ein kurzer Film Clip, der sich vor seinen Augen abspielte. Ein Weinstock trieb und brachte Beeren hervor. Der Mundschenk griff nach den Beeren und presste sie mit seiner eigenen Hand aus, so dass sie vermutlich noch in seiner Hand fermentierten. Der König genoss den frischen Wein aus seinem Becher. Dieser ganze Prozess dauert normalerweise Monate, wenn nicht Jahre.

Josef fing sofort an, den Traum zu deuten (V. 12-13). Wir lesen nichts davon, dass er sich zuerst an Gott wandte. Offenbar gab ihm der Herr sofortige Erleuchtung für diesen Traum. Alles deutet darauf hin, dass der Mundschenk des Königs ein gewissenhafter Diener war, denn er träumte wie er handelte. Deshalb konnte Josef ihm eine positive Deutung seines Traums geben. Die positive Nachricht lautete, dass der Mundschenk in den nächsten drei Tagen wieder in den Dienst für den König eingesetzt werden sollte. Dabei gebrauchte Josef die Redewendung vom Haupt erhöhen. Das bedeutet so viel wie, ihm wieder Ehre bringen, wie zum Beispiel im Psalm 2,4 steht: „Du [Herr] bist meine Ehre und erhebst mein Haupt“ (siehe auch Ps. 27,6).

In der Regel erhielt der Traumdeuter eine Bezahlung (V. 14-15). Doch Josef bat nur um die Gefälligkeit, sein Name beim König zu nennen, damit seine ungerechte Strafe endlich ein Ende nehmen würde. Er betrachtete sich von Anfang an als ein Gestohlener aus dem Land der Hebräer. Denn er war nicht als Sklave geboren, sondern wurde ohne Schuld zu einer Person mit minderem Recht gemacht.

 

 III. Der Traum des Bäckers und seine Deutung (Verse 16-19)

Die positive Traumdeutung Josefs spornte den Oberbäcker an, seinen Traum auch zu erzählen in der Hoffnung, eine gute Deutung zu empfangen (V. 16-17). Er träumte von drei Körben voll von Gebäck, wie er es von seiner Berufswelt her kannte. Diese Körbe trug er aufeinandergeschichtet auf dem Kopf, wie es in Ägypten Sitte war, speziell bei den Bäckern. Im obersten Korb befanden sich verschiedene Backwaren für den Pharao. Da kamen die Vögel und frassen alles auf. Offenbar gab es schon damals köstliche Backwaren, für die der ägyptische Pharao sogar extra einen Bäcker anstellte. In einem alten ägyptischen Lexikon fand man eine Liste mit achtunddreissig verschiedenen Kuchen und siebenundfünfzig verschiedenen Brotarten. Das Problem des Bäckers war es, die Vögel über seinem Kopf zu verscheuchen und somit den König mit den Backwaren zu bedienen.

Auch diesmal begann Josef sofort mit der Traumdeutung (V. 18-19). Dabei erwähnte er zuerst die Bedeutung der Zahl drei, welche auf drei Tage hindeutete. Anschliessend sagte er ihm die schlechte Nachricht, nämlich; dass sein Haupt ebenfalls erhöht werde, jedoch um an einen Pfahl gehängt zu werden. Der Traum offenbarte Josef, dass der Bäcker die Schuld trug an der Auseinandersetzung, die den Pharao so zornig machte.

 

 IV. Die Erfüllung der beiden Träume (Verse 20-23)

Gott inspirierte Josef mit der Erkenntnis, was in den kommenden drei Tagen geschehen werde. Es war der Geburtstag des Pharaos, der ein nationaler Feiertag war. An diesem Tag waren die Diener des Pharaos zu einem Gastmahl eingeladen und das Volk feierte auf der Strasse. Und alles geschah, wie Josef bereits deutete: Der Obermundschenk wurde wieder in seinen Dienst für den Pharao eingesetzt. Der Oberbäcker wurde schuldig gesprochen und an einem Pfahl aufgehängt.

Der Mundschenk war mit seinem Aufstieg so beschäftigt, dass er Josef völlig vergass. Josef wurde einmal mehr von den Menschen bitter enttäuscht. Er befand sich in einer hoffnungslosen Situation. Bestimmt flehte Josef in dieser Zeit immer wieder zum Herrn, doch es schien, als ob der Herr ihn noch nicht aus seiner Lage befreien wollte. Zwei weitere Jahre vergingen (41,1), bis es im Leben Josefs endlich zu einer Wendung kam.

 

 Schlussfolgerungen

Was lernen wir aus dem Gefängnisleben Josefs? Manchmal können wir alles richtig machen und trotzdem müssen wir für Ungerechtigkeiten leiden. Dies verlangt von uns viel Glaube und Geduld bis Gott eingreift (Jak. 1,2-4). Der Herr wird eingreifen, wenn wir IHM vertrauen.

Betrachten wir das Leben Josefs: Josef wurde von seinen Brüdern als Sklave verkauft und schaffte es zu einer ansehnlichen Position im Haus des Potifars (= Leibwächter des Pharaos). Doch dann beschuldigte die Frau des Potifars ihn der versuchten Vergewaltigung, so dass er dafür ins Gefängnis geworfen wurde. Im Gefängnis schaffte er es wieder zu einer angenehmeren Aufgabe und diente sogar den beiden Mitgefangenen mit seiner Traumdeutung. Wir lesen, dass der Herr ständig mit Josef war und ihn trotzdem all diese Schmach erdulden liess (und zwar nicht nur für ein paar Tage oder Wochen). Psalm 105;17-22: „Er sandte einen vor ihnen her, als Sklave wurde Josef verkauft. Sie zwangen seine Füsse in Fesseln, in Eisen wurde sein Hals gelegt bis zu der Zeit, da sei Wort sich erfüllte, der Spruch des Herrn ihn läuterte ...“ Gott hat eingegriffen indem er Josefs Haupt erhöhte und durch ihn sein Volk vor der Hungersnot rettete. Josef wurde 110 Jahre alt. Er lebte 13 Jahre in Unterdrückung. Er lebte 80 Jahre ein gesegnetes Leben.

Darum, lasst uns dem Herrn vertrauen! ER hat auch mit uns seine Pläne. Vorher will er aber noch die Echtheit unseres Glaubens testen. 1. Petrus 1,6-7: „Jubelt [über euer Heil], auch wenn ihr jetzt noch kurze Zeit... von mancherlei Prüfung heimgesucht werdet. So soll die Echtheit eures Glaubens, die wertvoller ist als Gold ... zutage treten und Lob, Preis und Ehre euch zukommen, wenn Jesus Christus sich offenbart.“ Jesaja 40,31: „Die aber, die auf den Herrn hoffen, empfangen neue Kraft, wie Adlern wachsen ihnen Schwingen, sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und ermatten nicht.“

Alles, was der Herr verheissen hat, wird eintreffen, es sei Gutes oder Böses. Deshalb gilt es, geduldig zu sein und zu warten, auf die Hilfe des Herrn (Hab. 2,3). Gott wird nicht von der Zeit regiert noch von Kalendern. Er folgt auch nicht den Menschen gemachten Zeitspannen. Gott sagt dem Propheten Jesaja (Jes. 55,8-9): „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege ..., denn so hoch der Himmel über der Erde ist, so viel höher sind meine Wege als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“ Gottes Wort ist nicht erfolglos, sondern vollbringt alles so wie es dem Herrn gefällt (Jes. 55,11). Aber alles hat seine Zeit (Koh. 3). Darum, lasst uns nicht müde werden auf den Herrn zu vertrauen, wie Josef in grösster Not das tat!

Überblick über Josefs Leben:

A.  Mit 17 bekam er vom Vater Jakob das besondere Kleid (Gn. 37,2).

B.  Mit 17 kam er als Sklave nach Ägypten und litt dreizehn Jahre bis er 30 war.

C.  Mit ca. 20 wurde er ins Gefängnis geworfen.

D.  Mit 28 deutete er die beiden Träume (Gn. 41,1).

E.  Mit 30 deutete er die Träume Pharaos (Gn. 41,46).

F.   Er erlebte sieben fruchtbare Jahre in Ägypten.

G.  Er erlebte sieben Jahre Dürre in Ägypten.

H.  Mit 110 Jahren starb Josef (Gn. 50,26).

I.   Josef hatte vermutlich 80 Jahre lang ein unbeschwertes Leben.

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