Gründung und Wachstum der Gemeinde
Arbeitsblatt
EINLEITUNG
Paulus wurde noch immer gefangen gehalten. Von Felix, Festus und Agrippa verhört, hatte man noch immer keine Anklage gegen ihn. Weil Paulus sich aber auf den Kaiser berufen hatte, wurde er unter militärischem Schutz nach Rom gesandt. Hier beginnt eine detaillierte Erzählung von einem grossen Abenteuer, bei dem es um einen Kampf um Leben und Tod geht.
I. VON CÄSAREA BIS ZUR INSEL KRETA (27,1-13)
Paulus und „einige andre Gefangene“ (V. 1) wurden dem Hauptmann Julius übergeben, der sie nach Rom bringen sollte. Lukas reiste offenbar mit, wie aus dem „wir“ Bericht (V. 1, 2, 15, 16, 18, 20 usw.) ersichtlich ist. Sicher war es für Paulus ein grosser Trost, einen Freund zu haben, der ihn auf dieser gefährlichen Reise begleitete. Da kein Schiff nach Italien fuhr, segelte der Hauptmann mit den Gefangenen der Küste entlang nach Norden in der Hoffnung, in einem anderen Hafen Anschluss zu finden. Am nächsten Tag machten sie bereits in SIDON Halt. Hier erlaubte der Hauptmann dem Paulus seine Freunde zu besuchen und sich pflegen zu lassen. Es ist anzunehmen, dass es Glieder der Gemeinde waren, bei denen sich Paulus und sein Freund vor den bevorstehenden Strapazen stärken lassen konnten. Aristarchus schloss sich der Reisegruppe an und so segelten sie weiter bis nach MYRA in Lycien (V. 5). Dort stiegen sie in ein grösseres Schiff um, das nach Italien fuhr. Es hatte Getreide geladen (V. 38) und war ein grosses Schiff, denn es konnte ausser der Ladung noch 276 Personen an Bord nehmen (V. 37). Dann ging es mit langsamer Fahrt weiter Richtung Knidus. Weil westliche Winde ihnen stark entgegenhielten, steuerten sie auf die südlich gelegene Insel Kreta zu und kamen an einen Ort, der SCHÖNE HÄFEN genannt wird und ungefähr in der Mitte Kretas lag.
Da Paulus wusste, dass die Schifffahrt nach dem Fasttag der Juden im Oktober eingestellt wurde, riet er von einer Fortsetzung der Reise bis zum Frühjahr ab. Der Herbst war schon zu weit fortgeschritten und die Winterstürme waren zum Teil schon losgebrochen und machten die Schifffahrt äusserst gefährlich. Weil aber „Schöne Häfen“ zum Überwintern nicht besonders geeignet war, hörte der Hauptmann auf den Kapitän und auf den Schiffsbesitzer mehr als auf Paulus und entschied, nach PHÖNIX, einem andern Hafen von Kreta, weiterzusegeln.
II. SEESTURM UND SCHIFFBRUCH (27,14-44)
Kaum waren die Anker eingezogen und das Schiff wieder auf See, gerieten sie in einen für diese Jahreszeit typischen Wirbelsturm, der einige Tage lang unvermindert anhielt. Der Sturm war so gross, dass das Schiff ausser Kontrolle geriet. Weil sie auch die Orientierung völlig verloren hatten, fürchteten sich die Seeleute auf die „Syrte“, die bekannten Sandbänke an der nordafrikanischen Küste, aufzulaufen. Deshalb liessen sie die Treibanker hinunter (eine Art Floss, das die Fahrt verlangsamte und einigen Schiffbrüchigen das Leben retten konnte) und warfen einen Teil der Ladung über Bord. Verzweifelt liessen sie sich treiben, während ihre Hoffnung auf Rettung immer mehr dahinschwand. Doch Paulus ging ins Gebet und wurde von einem Engel Gottes gestärkt, so dass er am andern Tag seine Reisegenossen trösten konnte, indem er ihnen bekanntgab, dass der allmächtige Gott ihm vorhergesagt hat, dass alle am Leben bleiben würden. Obwohl in unserem Text nichts von einem Gebet erwähnt wird, ist anzunehmen, dass in einer solchen Notlage jeder betete, der auch nur einen Funken von Glauben an irgendeinen Gott hatte. So wie wir Paulus kennen, wissen wir, dass er nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Rettung aller Passagiere an Bord flehentlich gebetet hat. Wir wissen auch, dass nur der lebendige Gott und Schöpfer Gebete erhört und auf seine Weise beantwortet. Denn nichts veränderte sich äusserlich. Die Wolken verschwanden nicht und auch das Meer beruhigte sich nicht. Der Sturm wütete weiter. Alles, was sich veränderte, war die Einstellung des Paulus. Doch diese veränderte Einstellung machte alles aus!
Seit vierzehn Tagen (V. 33) war das Schiff nun der Spielball der wütenden See und es schien kein Ende zu nehmen. Besonders in der Nacht fürchteten sich die Seeleute, da niemand wusste, ob das Schiff auf eine Klippe stossen würde. Doch Paulus war zuversichtlich und vertraute den Worten Gottes. Deshalb forderte er die andern zum Essen auf und begann selber als erster vor ihnen zu essen, nachdem er Gott dafür gedankt hatte (V. 35). Seine Zuversicht steckte die andern an und sie assen auch und wurden gestärkt. Dann warfen sie das letzte Getreide über Bord. Am folgenden Morgen trieb das Schiff auf eine Bucht zu. Da es immer noch stürmte, konnten sie das Land nicht erkennen, sondern nur einen flachen Strand. Das war ihre letzte Hoffnung und sie beschlossen, das Schiff auf den Strand auflaufen zu lassen. Nachdem sie die Anker und die festgebunden Steuerruder losgetrennt hatten, zogen sie das Vordersegel auf und steuerten mit voller Kraft voraus auf die Bucht zu. Plötzlich blieb das grosse Schiff stecken und drohte durch die Gewalt der Wellen zu zerbrechen. Da brach Panik aus und die Soldaten wollten die Gefangenen töten, „damit keiner durch Schwimmen entkäme“ (V. 42). Einmal mehr versuchte Satan zu ver-hindern, dass Paulus sein Ziel erreichen und nach Rom gelangen konnte. Doch diesmal griff Gott durch den Hauptmann Julius ein, der sofort die nötigen Befehle erteilte und dieses Unglück verhinderte. Schliesslich erreichten alle sicher das Land, wie der Herr es Paulus vorausgesagt hatte.
Diese abenteuerliche Reise kann mit den unzähligen Stürmen in unserem Leben verglichen werden. Wie oft versuchte der Teufel auch schon uns zu hindern, das Ziel des ewigen Lebens zu erreichen? Wer sich gläubig Gottes Willen hingegeben hat, darf nicht erwarten, dass jeder Tag sonnig sein wird und er allezeit den Wind im Rücken hat. Alle Prüfungen im Leben bekommen erst im Glauben an den allmächtigen Gott ihren Sinn (Jak 1,2-12). Jede Prüfung aber hat auch ihren Ausgang (1Kor 10,13). Manchmal kommt die Befreiung eines Lebenssturms von unerwarteter Seite.
III. AUFENTHALT AUF MALTA (28,1-10)
An Land gekommen erfuhren die Schiffbrüchigen, dass sie auf der Insel MALTA waren. Es ist ein Wunder, dass das Schiff auf seinem langen Zickzackkurs ausgerechnet auf diese Insel zusteuerte und alle Reisenden sicher an Land brachte. Nur der allmächtige Gott kann solche „Zufälle“ möglich machen. Die Bewohner der Insel hätten auch Menschenfresser oder andere böse Menschen sein können, doch glücklicherweise erwiesen sie sich sehr freundlich und zündeten für die fast dreihundert Schiffbrüchigen ein grosses Feuer an.
Paulus scheute keine Arbeit und sah auch keine Arbeit als unter seiner Würde an. Darum half er beim Holz sammeln für das Feuer. Dabei geschah es, dass er ein Stück Holz hochhob und von einer giftigen Schlange gebissen wurde. Die Inselbewohner kannten die Schlange genau und wussten, dass ihr Biss tödlich war. In ihrem Aberglauben nahmen sie an, dass Paulus ein Mörder sei, an dem die Götter sich rächten, da er schon dem Zorn des Meeres entronnen war. Zu ihrem grossen Erstaunen starb Paulus aber nicht an diesem Schlangenbiss. Da änderten die Inselbewohner schnell ihre Meinung und glaubten, Paulus sei ein Gott (V. 6). Menschen neigen dazu von einem Extrem ins andere zu gehen. Auf jeden Fall misslang dem Teufel auch dieser Angriff, Paulus zu hindern sein Ziel zu erreichen. Wenn Gott etwas verspricht, dann hält er sein Wort (siehe Kapitel 23,11; Mt 24,35).
Da nahm der oberste Beamte der Insel namens Publius die Schiffbrüchigen zu sich und be-herbergte sie drei Tage lang. Dort heilte Paulus durch die Kraft Gottes den krank gewor-denen Vater des Publius. Als die Nachricht davon den übrigen Inselbewohnern bekannt wurde, brachten sie Kranke von nah und fern zu ihm, damit sie geheilt würden. Obwohl wir nicht ausdrücklich davon lesen, dass Paulus den Menschen das Evangelium predigte, ist es sehr schwierig sich vorzustellen, dass er es nicht tat. Wir wissen, dass Paulus jede Gelegenheit in seinem Leben nutzte, um vom allmächtigen Gott und seinem Heilsplan für alle Menschen Zeugnis abzulegen. In Vers 8 heisst es, dass Paulus den Vater des Publius heilte, indem er betete und ihm die Hände auflegte. Wenn Paulus heilte, so tat er das im Namen Jesu (Kap. 19,13) und wenn er betete, dann zeugte er vom allmächtigen Gott und Schöpfer der Welt. Ganz bestimmt benutzte er auch den Schlangenbiss und jede Heilung zur Bekräftigung seiner Verkündigung (Hebr 2,1-4; Mk 16,17-18). Vielleicht konnte Paulus sogar einigen Strafgefangenen auf dem Schiff durch den Glauben an Christus Jesus neue Hoffnung schenken, da sie auf ihrem Weg nach Rom ihrer Verurteilung jeden Tag näher kamen.
IV. DIE REISE WIRD FORTGESETZT (28,11-15)
Drei Monate hielten sie sich auf der Insel Malta auf, bis die Reise nach Italien fortgesetzt werden konnte. Der Hauptmann fand ein anderes alexandrinisches Schiff (27,6), das im Hafen überwintert hatte und nach Italien weiterfuhr. Mit viel Ehrerweisungen und Reiseproviant verliessen die 276 Reisenden die Insel und kamen nach SYRAKUS, der Hauptstadt Siziliens. Hier blieben sie drei Tage und segelten dann unter günstigem Südwind bis zur Zehenspitze des italienischen Landstiefels, nach RHEGIUM. Weil der Wind weiterhin günstig stand, fuhren sie in nur zwei Tagen nach PUTEOLI, der wichtigsten römischen Hafenstadt. Dort verbrachte Paulus eine Woche mit den Christen und setzte dann die Reise auf dem Landweg nach ROM fort. Die Nachricht von seiner Ankunft verbreitete sich schnell, so dass Christen von Rom ihm entgegenkamen bis nach APPII FORUM, das fast siebzig Kilometer von Rom entfernt ist, und TRES TABERNÄ, das über fünfzig Kilometer von Rom entfernt liegt. Beide Ortschaften lagen an der Via Appia, der grossen Strasse, die von Rom an die Küste führte. Paulus dankte Gott und fasste neuen Mut, als er die Brüder sah und wusste, dass er nicht allein in dieser mächtigen römischen Metropole war.
V. PAULUS ALS GEFANGENER IN ROM (28,16-31)
Endlich hatte Paulus sein fast unerreichbares Ziel erreicht. Was dachte wohl der kleine jüdische Zeltmacher, als er an der Schwelle der mächtigen Hauptstadt der damaligen Welt stand? In Rom genoss Paulus ungewöhnlich viel Freiheit. Er konnte sich ein eigenes Haus mieten, um dort Besuche zu empfangen und Menschen im Wort Gottes zu unterrichten. Dabei wurde er nur von einem einzigen Soldaten bewacht.
In Rom befand sich eine grosse Anzahl Juden. Da Paulus nicht zu ihnen gehen durfte, lud er die Obersten der jüdischen Familien zu einem Gespräch bei sich ein. Dabei hoffte er, auch einige unter ihnen für den Glauben an Jesus gewinnen zu können (Röm 9,1-5; 10,1). Er begann damit, ihnen zu erklären, dass er nichts gegen die Juden getan hatte, noch dass er etwas gegen sie habe. Trotzdem waren sie der Grund, warum er von den Römern gefangen genommen wurde. Er erzählte ihnen auch, dass die Römer ihn längst freigelassen hätten, da sie keinen Grund für ein Todesurteil gegen ihn finden konnten, wenn die Juden in Jerusalem dies nicht versucht hätten zu verhindern. Der Grund, warum er diese Ketten trage, sei die Hoffnung Israels (V. 20).
Obschon die Juden in Rom von den Oberen aus Judäa keinen negativen Bericht über Paulus empfangen hatten, so hörten sie doch schon einiges über diese „Sekte“ (V. 22), der überall widersprochen wurde. Sie wollten aber mehr davon wissen. Paulus stimmte natürlich nicht zu, dass die Gemeinde des Herrn eine Sekte war; so erschien sie aber in den Augen der Juden. In diesem ersten Gespräch war es ihm wichtig, dass er sich mit ihnen identifizierte und ihnen die Gewissheit gab, dass er nichts Böses im Schilde führte und zu Unrecht gefangen gehalten wurde.
An einem vereinbarten Tag trafen sie sich erneut mit Paulus und brachten noch andere interessierte Juden mit sich. Als sie alle ankamen, hatte Paulus ein volles Haus. Da begann Paulus und „legte ihnen das Reich Gottes dar“ (V. 23). Den ganzen Tag studierte er mit seinen jüdischen Brüdern die Schriften, indem er sie von Jesus mit dem Gesetz Moses und den Propheten zu überzeugen suchte. Wie bei allen anderen Veranstaltungen gab es auch hier unter den Zuhörern einige, die sich durch seine Argumente für das Evangelium gewinnen liessen und andere, die skeptisch blieben. Als Paulus sah, wie uneins sie untereinander waren, zitierte er die Worte des Propheten Jesaja (Jes 6,9-10).
Jesaja wendete diese Worte für die verstockten Herzen der Juden in seiner Zeit an. Später gebrauchte Jesus dieselben Worte für die Juden, die ihn ablehnten (Mt 13,14-15; Joh 12,40). Schliesslich setzte Paulus diese Worte der Wahrheit auch für seine jüdischen Brüder ein, die den Messias nicht annehmen wollten und sagte ihnen, dass er sich auch den Heiden zuwenden werde, die das Heil Gottes mit Freuden aufnehmen werden.
Damit kommt der Bericht des Lukas zum Ende. Paulus blieb zwei weitere Jahre als Gefan-gener in Rom. Wir wissen nicht, warum soviel Zeit verstrich, bis er vor den Kaiser treten musste. Wir wissen auch nicht, wie die Gerichtsverhandlung ausging. Alles was wir wissen ist, dass Paulus nicht untätig blieb. Mit grossem Eifer predigte und lehrte er ungehindert von seiner Mietwohnung aus das Wort Gottes. Von Rom aus schrieb er auch den Philemon -, Epheser -, Kolosser - und Philipperbrief. Offensichtlich war es ihm nie langweilig, noch fühlte er sich allein. Wie wir aus den erwähnten Briefen des Paulus entnehmen können, waren Lukas und Timotheus bei ihm. In welcher Situation Paulus auch immer war, er nutzte jede Gelegenheit zum Zeugnis für Jesus Christus (Phil 1,12-14). Es ist anzunehmen, dass er auch mit den Soldaten, die ihn bewachten, viel über Christus sprach und dass einige von ihnen zum Glauben kamen (Phil 4,22). Trotz Gefangenschaft und vielen Ablehnungen blieb Paulus dem Glauben an den Herrn Jesus treu bis ans sein Lebensende (2Kor 6,4-10).
Bei allem, was wir von Paulus in den letzten Lektionen gelesen haben, bleibt die Frage: Was haben wir für die Verbreitung des Evangeliums Christi in unserem Leben getan? Sind wir bereit von den gottlosen Menschen abgelehnt zu werden und zu leiden für dieses „herrliche anvertraute Gut“ (2Tim 1,14)? „Denn was wird es dem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewinnt, sein [künftiges] Leben aber einbüsst? oder was kann ein Mensch als Gegenwert [zur Wiedererlangung] seines Lebens geben?“ (Mt 16,26).
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