Lernen zu lieben
Einleitung
In 1. Johannes 4,10 heisst es: „Darin besteht die Liebe: Nicht, dass wir Gott geliebt hätten, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühne für unsere Sünden.“
Was ist das Wesen der Liebe Gottes?
I. Liebe ist persönlich
Das griechische Wort, das in 1. Johannesbrief für Liebe meistens gebraucht wird, ist Agape. Agape war in der säkularen Literatur ziemlich farblos. Aber Jesus und die inspirierten Schreiber des Neuen Testaments verwandelten Agape in einen Schlüsselbegriff für das Christentum. Jesus erklärt im Johannes 13,34-35: „Ein neues Gebot gebe ich euch: dass ihr einander liebt. Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: Wenn ihr bei euch der Liebe Raum gebt.“
Es gibt zwei griechische Begriffe für Liebe, die es zu unterscheiden gilt. Agape und Philia. Philia kreist um die Gefühle des Menschen und wird als freundschaftliche Liebe definiert. Während Agape, die göttliche Liebe, mit dem aktiven guten Willen beschrieben werden kann, der nur das Beste sucht für ihr Objekt der Liebe. Diese Liebe kann natürlich auch auf das falsche Objekt ausgerichtet sein. Deshalb warnt Johannes in seinem ersten Brief, Kapitel 2, Vers 15: „Habt nicht lieb die Welt noch was in der Welt ist.“ Weil diese Liebe persönlich ist, richtet sie sich meistens auf eine oder mehrere Personen und nicht auf Dinge.
Dem allmächtigen Gott geht es um eine persönliche Beziehung zu uns allen. Er möchte in unseren Herzen wohnen (2Kor 6,16). Er möchte uns helfen und überall im Leben beistehen (Offb 21,3; Ps 23,5). Er möchte uns ganz nah bei sich haben (Ps 23,3).
Deshalb verkündet Johannes (Joh 3,16): „Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er den einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe:“ Gott sei Lob und Dank, dass seine Liebe so persönlich ist und uns sucht! (Joh 17,3).
II. Liebe ist leidenschaftlich
Leidenschaftliche Liebe ist bereit bis zum äussersten zu gehen, nämlich; sein Leben für den andern hinzugeben. Diese Liebe wollen auch unsere Frauen von uns Männern spüren (wie Gott!). Sie wollen von uns Männern Leidenschaft und Hingabe sehen. Sie wollen keine Softies, denen alles gleichgültig ist und mit denen man sich gelangweilt fühlt. Sie sind es, die bei einer Geburt so sehr an ihre körperlichen Grenzen stossen. Sie geben alles, um einem neuen Erdenbürger das Leben zu schenken.
Deshalb wissen sie spätestens nach dem ersten Kind ganz genau, was leidenschaftliche Liebe und Hingabe bedeutet. Der Apostel Johannes ruft uns auf, diese leidenschaftliche Liebe füreinander zu pflegen: 1. Johannes 3,16-18.
Vielleicht wendet jetzt jemand ein: Warum machen wir denn einen Unterschied zwischen Agape und Philia-Liebe, wenn am Ende eh beides dasselbe ist? Es ist nicht dasselbe! Philia-Liebe ist abhängig von der Liebe des andern. Agape-Liebe hingegen nicht; sie ist unabhängig von der Reaktion des andern und kann gar nicht anders als lieben und sich für den andern hingeben. Das sehen wir sehr gut bei Jesus am Kreuz, als er schrie: „Vater, vergib ihnen! Denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lk 23,34). Auch Stephanus hatte ähnliche Gedanken, als er gesteinigt wurde (Apg 7,58).
Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter wird diese Liebe auch gut sichtbar: Ein Samariter hatte Mitleid mit einem Juden, der verletzt auf der Strasse lag (Lk 10,33). Juden verkehrten nicht mit Samariter (Joh 4,9). Doch der Samariter konnte sein Herz vor dem Verletzten nicht verschliessen. Das ist Agape-Liebe, die weit über emotionale Liebe hinausgeht. Deshalb sagt Jesus in seiner Bergpredigt (Mt 5,46): „Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr da erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner?“
Die Agape-Liebe geht weit über die Durchschnittsliebe der meisten Menschen hinaus. Sie ist leidenschaftlich und fühlt Erbarmen, wo andere kalt bleiben, wegschauen und weitergehen. Sie kann ihr Herz, selbst vor dem grössten Feind, nicht verschliessen. Sie gibt sein Leben hin und bittet für seine Feinde, ohne etwas zurückzuerwarten!
III. Liebe ist durchdringend
In 1. Johannes 4,10 heisst es: „Darin besteht die Liebe: … dass Gott uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühne für unsere Sünden.“ Die Quelle der Liebe ist Gott! Es heisst nicht: Liebe ist in Gott, sondern: „Gott ist Liebe!“ (1Joh 4,8).
Wenn Gottes Liebe unsere Herzen erreicht, dann können wir nicht anders als lieben. Gottes Liebe ist durchdringend und ansteckend. Deshalb sind wir uns bewusst (1Joh 4,19): „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“ Wenn uns Gottes Liebe erfüllt, dann können wir gar nicht mehr anders, als Gott lieben.
Wenn Gottes Liebe uns erfüllt, dann könnten wir die ganze Welt umarmen. Es fällt uns dann nicht mehr schwer, die Menschen zu lieben. Es ist dann kein Thema mehr, unsere Glaubensgeschwister zu lieben. Das heisst nicht, dass wir dann nie mehr unterschiedlicher Meinung sein werden oder Dinge im Leben unterschiedlich anpacken (Paulus & Barnabas Apg 15,36-39). Das heisst auch nicht, dass ich meinen Bruder oder meine Schwester nicht ermahne, wenn ich sehe, dass sie sich auf dem falschen Weg befinden! Agape-Liebe sucht nur das Beste für den Nächsten (Gal 6,1; Jak 5,19-20).
Wenn diese Liebe uns durchdringt, dann bedeutet das, dass in all unseren Beziehungen, genau diese Liebe überleben wird.
Wenn wir am Morgen zum Herrn beten, dann sollten wir nicht aus dem Haus gehen, bevor uns die Liebe Gottes nicht von neuem durchdrungen hat und wir mit dieser Agape-Liebe andere Menschen im Alltag anstecken können.
IV. Liebe ist aufmerksam
Nicht nur am Anfang einer Beziehung, wo jeder den andern mit fragenden Augen anschaut: Was kann ich für dich tun? Wie kann ich dir meine Liebe erweisen? Wie kann ich dich glücklich machen?
Liebe ist aufmerksam und tritt in Aktion, indem sie sich um die Bedürfnisse des andern sorgt! Unser Text (1Joh 4,10) bestätigt das. Weil Gott uns so sehr liebt, ist er um unsere seelischen Bedürfnisse besorgt. Gott hat uns mit jedem geistlichen Segen durch Jesus Christus gesegnet (Eph 1,3). Das heisst; der Herr hat uns von aller Sünde befreit. Das ist das erste und grösste seelische Bedürfnis. Darüber hinaus hat er uns die Verheissung des ewigen Lebens geschenkt. Gott sei Lob und Dank, dass der Herr schon vor Grundlegung der Welt unsere dringenden seelischen Bedürfnisse erkannt hat.
Gottes Liebe macht auch uns feinfühlig für die Bedürfnisse und Nöte der andern.
V. Liebe ist anwendbar
Es gibt viele gute Theorien und Produkte auf dieser Welt, aber ob sie anwendbar sind, das ist oft die grosse Frage. Vieles führt nicht immer zum erhofften oder zum versprochenen Erfolg. Bsp. In der Fliegerei wurden zu Beginn dutzende von Flugzeugen gebaut, doch mit den wenigsten Vehikeln konnte man wirklich fliegen – nur sturzfliegen. Was nützen da die besten Pläne und Bauten, wenn das Gefährt am Ende am Boden zerschellt? Oder was nützen die besten Medikamente, wenn mein Körper sie nicht aufnimmt?
Mit der Liebe verhält es sich ganz anders. Liebe kann jeder kennenlernen und anwenden und sie funktioniert! Gegen die Liebe ist kein Unkraut gewachsen! Liebe ist nicht bloss graue Theorie, sondern eine praktische Anwendung.
Der Apostel Johannes behauptet (1Joh 3,16): „Wir haben die Liebe erkannt.“ Woran haben wir denn die Liebe erkannt? Hier ist die Antwort: „Daran haben wir die Liebe erkannt, dass er sein Leben für uns eingesetzt hat.“ Wir haben die Liebe erkannt, weil Jesus uns aufklärt wie sie funktioniert! Deshalb sagt Johannes weiter (1Joh 3,17): „Wer immer in der Welt sein Auskommen hat und seinen Bruder Not leiden sieht und sein Herz vor ihm verschliesst wie bleibt da die Liebe Gottes in ihm?“ Die Liebe Gottes ist niemals untätig, sondern immer tatkräftig und praktisch veranlagt (das heisst aber nicht hastig oder überstürzt).
Die Liebe ist auch nicht leeres Gerede! Wie schnell bringen wir Lob und Anerkennung über unsere Lippen. Wie schnell ist gesagt: Ich liebe dich! Du bedeutest mir viel! usw. Johannes lehrt, dass wir mit der Liebe nicht bei unseren Worten Halt machen sollen (1Joh 3,18): „Kinder, lasst uns nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit!“
Der allmächtige Gott bekundet seine Liebe uns gegenüber auch nicht nur mit Worten, sondern in Tat und Wahrheit durch seinen einzigen Sohn, den er am Kreuz für uns sterben liess. Das ist Liebe in Aktion – angewandte Liebe! Liebe, die funktioniert: „Darin besteht die Liebe Gottes.“ Wer Gott liebt, der tut auch was Gott uns über die Liebe lehrt!
VI. Liebe ist beständig
In 1. Korinther 13,8 heisst es: „Die Liebe kommt niemals zu Fall.“ Das heisst, wenn zwei Menschen sich das „Jawort“ geben, bekunden sie damit vor Gott und den Menschen ihre unvergängliche Liebe zueinander. Diese Agape-Liebe ist nicht von Gefühlen abhängig. Diese Liebe ist beständig und sucht unaufhörlich das Beste füreinander, egal wie die Umstände auch sind! (selbst wenn gestritten wird).
Daran ist die Agape-Liebe zu erkennen: „Darin besteht die Liebe Gottes.“
2Tim 2,13: „Werden wir untreu, so bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.“ Paulus spricht hier nicht von einem Menschen, der auf der Flucht vor Gott ist! Er sagt nur, dass Gott hält, was er verspricht! Gottes heiliger Bund mit uns Menschen bleibt bestehen, auch wenn wir diesem Bund untreu werden. Der Herr schenkt uns ein ganzes Leben lang Zeit, uns mit IHM in heiliger Gemeinde versöhnen zu lassen durch Jesus Christus. Deshalb verspricht der Herr (Offb 2,10): „Sei treu bis in den Tod, und ich werde dir die Krone des Lebens geben.“
VII. Liebe ist schön
Schliesslich noch einen Hinweis: Die Liebe ist einfach schön! Es gibt nichts schöneres im Leben, als zu lieben und geliebt zu werden. Die Agape-Liebe macht uns glücklich! Jeder Mensch sehnt sich nach dieser Liebe. Sie ist die Nahrung für unsere Seelen!
Die Ehe ist ein Schatten der himmlischen Beziehung, die wir mit unserem Gott eingegangen sind. Die Gemeinde ist die Braut Christi (Offb 21,9). Sie hat nur ein Ziel, das sie am Leben erhält: die Agape-Liebe. Durch die Gemeinde soll diese Agape-Liebe allen Menschen sichtbar werden. Deshalb hat Christus sein Blut am Kreuz vergossen (Apg 20,29), um sich das kostbarste zu erwerben, das es gibt: die Gemeinde. „Darin besteht die Liebe: … dass Gott uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühne für unsere Sünden“ (1Joh 4,10). Durch die Bekehrung haben wir uns dieser ewigen Liebe verschrieben. Jetzt liegt es an uns, wie weit wir bereit sind zu gehen, um eine Gemeinschaft der Liebenden zu bilden hier in St. Gallen.
Unsere Liebe zu den Glaubensgeschwistern wiederspiegelt unsere Liebe zu Gott.
Schlussfolgerungen
Wenn wir uns von Gottes Liebe erfüllen lassen, dann ist unsere Liebe nicht abhängig von den täglichen Gefühlsschwankungen, denn –
Liebe ist persönlich,
Liebe ist leidenschaftlich,
Liebe ist durchdringend,
Liebe ist aufmerksam,
Liebe ist anwendbar,
Liebe ist beständig,
Liebe ist schön.
Das ist die Liebe, die der allmächtige Gott uns schenkt und nun an uns zu entdecken sucht. Das ist es, was uns vor Gott auszeichnet. Darum lasst uns lieben, denn Gott hat uns zuerst geliebt!