Gemeinden im Neuen Testament
Die Gründung der allersten Gemeinde in Apg 2,42-47.
Thema: Die erfolgreichste Gemeinde in der Geschichte.
I. Was wissen wir über die Stadt Jerusalem?
Die Stadt wurde von den Jebusitern bewohnt, bis ca. 1000 v. Chr. Unter der Führung Josuas gelang es dem Stamm Juda nicht, die Jebusiter in ihrer starken Festung zu vertreiben (Jos 15,63). Auch den Benjamiten in der Richterzeit gelang es nicht, die Burg Zion auf dem Hügel einzunehmen (Ri 1,21). Erst mit David konnte die Stadt erobert werden (2Sam 5,6-12), die er „Davidsstadt“ nannte. Der Name Jerusalem reicht zurück bis zu Abraham, der Melchisedek begegnete, der ein Priester der Stadt Salem war (Gen 14,18). Salem bedeutet „Frieden“, was später zu Jerusalem führte (= Gründung des Friedens, oder heiliger Friede).
Durch David gewann Jerusalem an geschichtlicher Bedeutung. Nach der Eroberung holte er zuerst die Bundeslade in die Stadt (2Sam 6). Dann baute er eine Burg und machte Zion zu einer uneinnehmbaren Festung. Durch den Tempelbau (966-959 v. Chr.), in der Regierungszeit seines Sohnes Salomos (1Kön 6), wurde Jerusalem zur Hauptmetropole der ganzen Region. 400 Jahre lang blieb die Stadt samt ihrem Tempel bestehen, bis sie schliesslich durch die Belagerung der Babylonier (unter Nebukadnezar) zerstört und geplündert wurde (Ps 79; Jes 3,8).
Im Jahre 538 v. Chr. kommen die Perser an die Macht und gestatten den Juden im Exil wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Trotz des Wiederaufbaus war Jerusalem nicht mehr wie sie einmal war. Obschon der Tempel durch Serubbabel wieder aufgerichtet wurde (519 v. Chr.), so gab es immer wieder Aufstände und kleine Kriege, die die Stadt und den Tempel in ihrer Entwicklung um Jahre zurückwarfen (Jer 9,11). Jerusalem stieg nie mehr zu politischer Macht empor, wurde aber mit dem neuerbauten Tempel mehr denn je geistiger und religiöser Mittelpunkt des in alle Welt zerstreuten Judentums.
Als die Römer die Macht übernahmen, wurde der Tempel in Jerusalem, unter Herodes dem Grossen, in einer 40 jährigen Bauarbeit wieder hergerichtet (Joh. 2,20, das war um 37 v. Chr.). Doch das endgültige Strafgericht, das Jesus voraussagte (Mt 24), kam 70 n. Chr. über die Stadt, indem sie samt Tempel durch die Römer vollends zerstört wurde. Seit dieser Zeit kam die Stadt Zion nicht zur Ruhe, sondern stand einmal unter christlicher, dann moslemischer und schliesslich unter jüdischer Herrschaft. Heute, nach 2000 Jahren, bleibt die Stadt von diesen drei Weltreligionen besetzt: Juden, Moslems und Christen.
II. Was wissen wir über die Entstehung der Gemeinde in Jerusalem?
Durch David und die Propheten bekam Jerusalem als Stadt eine besondere Bedeutung. Die Blütezeit Zions war während der Herrschaft Davids und Salomos im 9. Jahrhundert vor Christus. Deshalb wird der König David, der Tempel und die ganze Stadt Jerusalem zum Mittelpunkt der biblischen Heilsgeschichte. In den alttestamentlichen Schriften lesen wir folgende Aussagen:
„Der Herr baut Jerusalem [wieder] auf, er sammelt die Versprengten Israels“ (Ps 147,2).
„So spricht der Herr: Ich kehre zurück nach Zion und will inmitten Jerusalems wohnen, und Jerusalem soll heissen ‚Die treue Stadt’ und der Berg des Herrn der Heerscharen ‚Der heilige Berg’“ (Sach 8,3).
„Auf dem Berge Zion wird Rettung sein, und er wird heiliger Boden sein, und das Haus Jakob wird seinen Besitz wieder einnehmen“ (Obd 17).
„Und kommen wird der Erlöser für Zion und für die vom Abfall Bekehrten in Jakob, spricht der Herr“ (Jes 59,20).
„Darum spricht Gott, der Herr: Siehe, ich lege in Zion einen Stein, einen bewährten Stein, einen kostbaren, grundlegenden Eckstein. Wer glaubt, wird nicht zuschanden“ (Jes 28,16).
„Und du, Bethlehem-Ephrath, du kleinster unter den Gauen Judas, aus dir soll mir hervorgehen, der Herrscher in Israel werden soll; sein Ursprung ist in der Vorzeit, in unvordenklichen Tagen“ (Mi 5,2).
„Denn der Herr hat den Zion erwählt, ihn zu seinem Wohnsitz erkoren: Dies ist meine Ruhestatt für immer, hier will ich wohnen, denn ich habe sie erkoren“ (Ps 132,13-14).
Die Propheten sagten voraus, dass Gott in dieser Stadt seine heilige Gemeinde und seine Herrschaft erstehen lässt, wenn der Messias kommen wird: Sacharja 9,9-10; Jesaja 2,2-5. Diese Aussagen erfüllen sich mit der Geburt Jesu Christi: Lukas 1,31-32.
Doch dann geschah etwas unerwartetes: Die Mehrheit der Juden wollten ihren König nicht annehmen. Sie erwarteten einen Herrscher, der wie der König David in der Stadt Jerusalem selbst regiert und seine Herrschaft ausbreitet. Doch Jesus hatte nie im Sinn, sein Reich auf dieser Welt aufzubauen (Joh 18,36). Deshalb ergab er sich auch den Römern widerstandslos, als sie ihn gefangen nahmen und kreuzigen wollten. Bevor es soweit kam, weinte Jesus über die Stadt, weil sie Gottes Heilsplan nicht annehmen wollten: Matthäus 23,37-39. Die Propheten redeten in einer geistlichen Sprache von der Gegenwart Gottes, die das himmlische Jerusalem erfüllen wird. Ihre Visionen beziehen sich auf das Reich Gottes und die Gemeinde Jesu, die ihren Sitz nicht auf Erden, sondern im Himmel aufbauen wird (Offb 21)! Von diesem Zeitpunkt an war die Stadt nur noch ein Symbol für das himmlische Zion, den himmlischen König und den himmlischen Tempel.
Nach der Auferstehung erschien Jesus seinen Aposteln und gab ihnen letzte Anweisungen, um seine (erste) Gemeinde in Jerusalem zu gründen: Apg 1,4.8-9. Die Apostel blieben in der Stadt, wie Jesus ihnen geboten hatte und sie erwählten Matthias, der den Elfen hinzugetan wurde (Apg 1,26). Zu Pfingsten war es dann soweit; es geschah ein grosses Wunder (Apg 2). Viele Juden, die aus allen Landesteilen der Welt zum Pfingstfest nach Jerusalem pilgerten, wurden auf die Apostel aufmerksam. Denn sie redeten in allen Landessprachen und verkündigten ihnen das Evangelium von Jesus. Dabei nahmen die Apostel Bezug auf die Schriften und Propheten, die über diesen von Gott gesalbten König und ewigen Herrscher Zions weissagten (Apg 2,16.36).
An diesem Pfingsttag nahmen 3000 Juden das Wort Gottes an und liessen sich taufen und zur ersten Gemeinde Jesu Christi hinzufügen (Apg 2,36-41)! Damit erhielt Jerusalem unter allen Völkern ein letztes Mal eine Vorrangstellung. Keine andere Stadt war ja auch so gut vorbereitet auf den kommenden Messias und seinem ewigen Reich. Deshalb erging das Evangelium zuerst an die Juden und dann an die Heiden (Röm 1,16), wie es aus der Apostelgeschichte deutlich ersichtlich ist. Die Gemeinde in Jerusalem wuchs also an einem Tag von Null auf 3000 Seelen und wurde zum Vorbild aller folgenden Gemeinden auf der Welt. Gemessen an ganz Israel ist das natürlich ein kleiner Rest, der übrig geblieben ist.
III. Was lesen wir über die Weiterentwicklung der Gemeinde in Jerusalem?
Die Gemeinde wuchs an Gläubigen wie keine andere Gemeinde, die später entstand. Sie hielten fest an der Lehre der Apostel, der Gemeinschaft, des Abendmahls, und den Gebeten (Apg 2,42). Und es heisst in der Apg 2,47b: „Der Herr tat täglich solche [zur Gemeinde] hinzu, die gerettet wurden.“
Apg 4,4 (hier werden nur die Männer gezählt!).
Apg 5,12-16 (ein gewaltiges Wachstum!). Die Gemeinde in Jerusalem hatte auch das Vorrecht, Apostel in der Leitung zu haben, die grosse Wunder und Zeichen vollbringen konnten. Sie hatten aber auch viele Älteste und Diener (Apg 15,4; Kap. 6).
Apg 6,7 (sogar jüdische Priester bekehrten sich zum Herrn!)
Ungefähr 32 n.Chr. setzte eine grosse Verfolgung ein über die Gemeinde, die das Wachstum jedoch noch mehr begünstigte (Apg 8). Viele Christen flohen in die umliegenden Dörfer und verkündigten das Evangelium. So entstanden weitere Gemeinden wie z.B. die Gemeinde in Antiochia, Syrien: Apg 11,19-24.
Trotz den Erfolgen, die die Jerusalemer Gemeinde verbuchen konnte, mussten einige Brüder das Leben lassen, wie z. B.: Stephanus, der von den Juden gesteinigt wurde (Apg 7,54-60). Der Apostel Jakobus, der durch König Agrippa I hingerichtet wurde (Apg 12). Einige der Apostel wurden mehr als einmal ins Gefängnis geworfen (Apg 4 und 5,18).
Doch mit der Bekehrung des Paulus gewann die Gemeinde ein auserwähltes Werkzeug Gottes, der bereit war viel Leiden und Verfolgung um Christi Willen zu ertragen (Apg 9). Besonders in der Stadt Jerusalem stiess Paulus auf heftigen Widerstand. Er wurde gefangengenommen und durfte vor dem jüdischen Volk eine Verteidigungsrede halten (Apg 22,1-22). Anschliessend entstand ein grosser Tumult und Paulus konnte im letzten Moment seine Geisselung verhüten, indem er sich auf den Kaiser berief (Apg 22,23-29). Im Gefängnis erfuhr er, dass sich mehr als 40 Juden gegen ihn verschworen hatten, so dass er von römischen Soldaten gefangen aus der Stadt geführt wurde und seinen Verfolgern so entkam (Apg 23,12-22). Wie weit die Jerusalemer Gemeinde davon betroffen war, erfahren wir nicht. Durch Paulus wurde das Evangelium nicht nur in Jerusalem (Apg 22), sondern in die ganze damalige Welt hinausgetragen bis nach Rom. Durch ihn entstanden viele Gemeinden um den Mittelmeerraum herum. Von den einzelnen Gemeinden lesen wir zum Teil in der Bibel, weil Paulus Briefe an sie versandte.
Ein grosses Problem, mit der die Jerusalemer Gemeinde zu kämpfen hatte, waren die unnachgiebigen Juden, die am mosaischen Gesetz festhalten wollten (Apg 15). Sie predigten die Beschneidung und andere Elemente aus dem Gesetz Mose nicht nur in der Gemeinde zu Jerusalem, sondern auch zu Antiochia. Wir lesen von einer Verhandlung, die Paulus und Barnabas mit den Aposteln in Jerusalem hatten, die zu einem heftigen Streit führten. Paulus erklärt den Galatern, dass er dem Apostel Petrus aufs Angesicht widerstand und dass er nicht für eine Stunde sich dem falschen Evangelium unterworfen habe (Gal 2,1-14).
Ein weiteres Problem in der Gemeinde zu Jerusalem war die grosse Hungersnot, die schon 44-48 weltweit einsetzte (Apg 11,27-30). Paulus rief später die Korinthergemeinde dazu auf, für die Geschwister in Jerusalem zu sammeln (1Kor 16,1). Offenbar gab es etliche Arme in der Gemeinde, für die auch in Rom gespendet wurde (Röm 15,26; Gal 2,10).
Was sonst noch über die Gemeinde in Jerusalem bekannt ist, kann aus nichtbiblischen Quellen erfahren werden.
Schlussfolgerungen
Was lernen wir von der Gemeinde in Jerusalem?
Wir lernen, dass selbst eine erfolgreiche Gemeinde Verfolgungen und Probleme hat. Es gibt Irrlehren, die sie klarstellen muss. Es gibt Gläubige, die arm sind oder sonst grosse Hilfe bedürfen.
Wir lernen, dass der christliche Glaube in der Welt nur dann verbreitet werden kann, wenn es Gemeinden gibt. Gemeinden, die in der Lehre der Apostel verharren! Gemeinden mit überzeugten Gläubigen, die den kostbaren Wert der Gemeinde und der christlichen Gemeinschaft erkannt haben. Gemeinden, die ihre Verantwortung als Gläubige in der Welt wahrnehmen und in Wort und Tat überall für Jesus ein gutes Zeugnis ablegen. Gemeinden, die bereit sind Verfolgungen und Ablehnungen von Ungläubigen zu ertragen und mit unermüdlicher Liebe für die Verbreitung des Evangeliums Christi kämpfen.
Wir alle brauchen ein geistliches Zuhause, eine geistliche Familie. Wir brauchen liebe Menschen, von denen wir uns verstanden fühlen, mit denen wir gemeinsam nach dem himmlischen Ziel streben. Von den ersten Christen lernen wir eine gesunde Grundgesinnung, die sie zur Gemeinde hatten: Apg 2,44-47.
Lasst uns mit derselben Begeisterung, die die ersten Christen damals in der ersten Gemeinde zu Jerusalem hatten auch in St. Gallen wirken, indem wir den Herrn loben für die Erlösung in Christus Jesus und dankbar sind für die herrliche Gemeinschaft mit allen Gläubigen, die der Herr zu seiner Gemeinde hinzugefügt hat!