Gemeinschaft
Einleitung
„Setzt alles daran, dass die Einheit - wie sie der Heilige Geist schenkt - nicht durch Unfrieden zerstört wird“ (Epheser 4,3; Hfa). Es liegt in der Verantwortung eines jeden einzelnen, die Einheit der Gemeinde zu bewahren. Die Einheit in der Gemeinde ist so wichtig, dass das Neue Testament ihr mehr Aufmerksamkeit widmet als dem Himmel oder der Hölle. Gott schenkt sie uns durch den Heiligen Geist und wir sind aufgerufen, sie zu bewahren.
Gott sehnt sich danach, dass auch wir Menschen untereinander Einheit und Harmonie erfahren. Denn Gott selbst steht als Vater in vollkommener Einheit und Harmonie mit dem Sohn und dem Heiligen Geist. Das Vorbild für vollkommene Einheit ist die Dreieinigkeit. Jesus sagte zu den Juden: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10,30). Wenn Jesus nicht völlig eins gewesen wäre mit dem Auftrag des Vaters, dann wäre der Erlösungsplan nie zustande gekommen. Jesus hielt sich ganz genau an seinen Auftrag, den er vom Vater erhalten hatte. Deshalb erklärte er: Joh 12,44-50. Es gab nichts, was Jesus zu sagen oder zu lehren gehabt hätte, ausser das, was ihm vom Vater übertragen wurde. Selbst als es Jesus an sein Leben ging, war er bereit zu sagen: „Nicht wie ich will, Vater, sondern alles geschehe nach deinem Wille“ (Mt 26,39). Jesus ist uns ein wunderbares Vorbild, was die Einheit betrifft.
Einheit ist das Herz jeder Gemeinschaft.
Wenn die Einheit zerstört wird, dann ist der Leib Christi nicht mehr funktionsfähig. Deshalb bittet Jesus den Vater leidenschaftlich in seinem hohenpriesterlichen Gebet für die nach ihm folgenden Generationen: Johannes 17,20-21. Um mit dem Vater und dem Sohn Gemeinschaft haben zu können, ist es unumgänglich, dass wir eins sind im Geist. Das heisst, wir sind eins in der göttlichen Liebe und in seiner Wahrheit. Wie kann jemand „Herr Jesus“ sagen und sich nicht um das kümmern, was Jesus gelehrt und getan hat?
Nichts auf der Welt liegt Gott mehr am Herzen, als seine Familie - die Gemeinde.
Er bezahlte den höchstmöglichen Preis dafür, indem er seinen Sohn am Kreuz opferte. Deshalb will er, dass alle Gläubigen bewahrt werden, besonders vor dem verheerenden Schaden, den Spaltung, Konflikte und mangelnde Harmonie verursachen. Wir sind von Jesus berufen, alles zu tun, was in unserer Macht steht, um die Einheit in der Gemeinde zu bewahren, die Gemeinschaft zu schützen, das liebevolle Miteinander in der geistlichen Familie und unter allen Christen zu fördern. Paulus sagt den Kolossern (Kol 3,14; GN): „Über das alles zieht an die Liebe, die alles andere in sich umfasst. Sie ist das Band, das euch zu vollkommener Einheit zusammenschliesst.“ Gott segnet Gemeinden, die „eins“ sind.
Wie können wir die Einheit bewahren? Die Bibel gibt uns dazu praktische Tipps.
I. Konzentriere dich auf die Gemeinsamkeiten, nicht auf die Unterschiede!
Paulus schreibt: „Darum wollen wir uns mit allen Kräften darum bemühen, in Frieden zu leben, und einander helfen, im Glauben zu wachsen“ (Römer 14,19; Hfa). Als Christen haben wir einen Herrn, wir bilden einen Leib, wir haben einen Auftrag, einen Vater, einen Geist, eine Hoffnung, einen Glauben, eine Taufe und eine Liebe (Epheser 4,1-4). Wir haben dieselbe Erlösung, dasselbe neue Leben und dieselbe Zukunft. Das alles sind Faktoren, die viel wichtiger sind als alle Unterschiede, die wir aufzählen könnten. Dies sind die Dinge, um die wir uns kümmern sollten und nicht die persönlichen Differenzen, die uns oft so wichtig sind.
Wir sollten uns daran erinnern, dass es Gott war, der uns bewusst unterschiedliche Charakterzüge gab, unterschiedliche Hintergründe, unterschiedliche ethnische Zugehörigkeiten und unterschiedliche Vorlieben. Wir sollten diese Unterschiede schätzen und geniessen, statt sie einfach nur zu tolerieren. Gott wünscht sich Einheit - und nicht Einheitlichkeit. Aber um der Einheit willen dürfen wir nicht zulassen, dass uns solche Unterschiede trennen. Wir wollen uns auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist. Wir wollen lernen, einander so zu lieben, wie Jesus Christus uns liebt.
Konflikte sind meist ein Zeichen dafür, dass der Blick auf weniger wichtige Themen gerichtet ist, - auf Dinge, die die Bibel „unterschiedliche Ansichten“ (Römer 14,1; Hfa) nennt. Wenn wir uns auf Persönlichkeiten, Vorlieben, Interpretationen, Formen und Methoden konzentrieren, sind Konflikte vorprogrammiert. Aber wenn wir uns darauf konzentrieren, uns gegenseitig zu lieben und Gottes Absichten für uns umzusetzen, entsteht Einheit. Paulus bittet uns: „Liebe Brüder, im Auftrag unseres Herrn Jesus Christus möchte ich euch bitten: Hört auf zu streiten“ (1. Korinther 1,10; Hfa).
II. Sei realistisch in deinen Erwartungen!
Wer einmal entdeckt hat, wie echte Gemeinschaft nach Gottes Willen aussieht, ist leicht durch die Kluft zwischen idealer und wirklicher Gemeinschaft entmutigt. Aber trotz ihrer Unvollkommenheit, müssen wir die Gemeinde leidenschaftlich lieben. Denn jeder von uns trägt massgeblich zur Unvollkommenheit der Gemeinde bei (Röm 3,23). Sich nach der idealen Gemeinde zu sehnen und dabei die wirkliche Gemeinde zu kritisieren, ist ein Zeichen von Unreife. Auf der anderen Seite zeugt es von Selbstgefälligkeit, wenn man sich mit der wirklichen Gemeinde zufrieden gibt und sich nicht mehr nach der idealen Gemeinde ausstreckt. Reife bedeutet, mit der Spannung zwischen dem Ist - und dem Soll-Zustand zu leben.
Andere Christen werden uns mit Sicherheit enttäuschen und uns im Stich lassen. Das ist aber noch lange keine Entschuldigung dafür, ihnen deshalb die Gemeinschaft aufzukündigen. Diese Menschen sind Teil unserer geistlichen Familie, die wir nicht so ohne weiteres aufgeben, wie man sich von einer Arbeitsstelle, einem Haus oder ein paar alten Schuhen trennt. Unser Gott und Schöpfer fordert uns vielmehr auf durch sein Wort: „Habt Geduld und sucht in Liebe miteinander auszukommen“ (Epheser 4,2; GN).
Eine Gemeinde desillusioniert viele Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen. Z. B. Konflikte, Verletzungen, Heuchelei, Vernachlässigung, Versagen, Gesetzlichkeit und andere Sünden. Die Liste der Enttäuschung ist lang und kann noch beliebig verlängert werden. Wir sollten uns aber davon nicht schockieren oder überraschen lassen. Vielmehr sollten wir daran denken, dass die Gemeinde ausschliesslich aus Sündern besteht - mich selbst miteingeschlossen. Weil wir Sünder sind, verletzen wir einander, manchmal absichtlich, manchmal unabsichtlich. Aber anstatt die Gemeinde zu verlassen, sollten wir bleiben und daran arbeiten, die Situationen zu verändern. Versöhnung, nicht Flucht, ist der Weg zu einem stärkeren Charakter und zu einer tieferen Gemeinschaft.
Sich beim ersten Anzeichen von Enttäuschung oder Desillusionierung von seiner Gemeinde zu verabschieden, ist ein Zeichen von geistlicher Unreife. Gott will uns schleifen und uns und anderen verschiedenes beibringen. Zudem gibt es keine perfekte Gemeinde, in die wir flüchten könnten. Jede Gemeinde hat ihre Schwächen und Stärken. Wer in eine andere Gemeinde flüchtet und meint am richtigen Ort zu sein, der wird in Kürze wieder enttäuscht werden. Wenn wir von einer Gemeinde erwarten, dass sie fehlerlos ist, dann könnte niemand irgendeiner Gemeinde beitreten, weil wir alle voller Fehler sind. Enttäuschungen sind gut und unbedingt erforderlich, damit wir nicht länger einer Täuschung unterliegen und falsche Erwartungen an eine Gemeinde stellen.
Je eher wir die Erwartung ablegen, dass die Gemeinde perfekt sein muss, damit wir sie lieben können, desto eher werden wir aufhören, so zu tun, als seien wir fehlerlos, desto eher können wir zugeben, dass auch wir unvollkommen sind und Gottes Gnade brauchen. Das ist der Beginn echter Gemeinschaft
Jede Gemeinde sollte ein Schild an der Aussentür befestigen: „Fehlerlose Menschen sind hier nicht erwünscht, dies ist nur ein Ort für Menschen, die zugeben, dass sie Sünder sind, Gottes Gnade und Barmherzigkeit brauchen und sich gemeinsam weiterentwickeln wollen.“
III. Entscheide dich zu ermutigen, statt zu kritisieren!
Es ist immer leichter, von den Zuschauerrängen aus die Spieler zu kritisieren, als selbst auf dem Spielfeld zu stehen. Gott warnt uns immer wieder davor, zu kritisieren, zu vergleichen oder einander zu verurteilen. Es gibt so viele Christen, die in ihrem Wahrheitsverständnis andere Gläubige ständig kritisieren und verdammen. Die einen verklagen andere, weil sie sich in vielem schneller ein Gewissen machen und nicht so frei sind wie andere. Auf der andern Seite verurteilen andere jede Form der Zurechtweisung, weil sie nur noch von Gottes Gnade und Liebe reden wollen. Dabei geht es ihnen eigentlich nur um Besserwisserei, Rechthaberei und Selbstgefälligkeit. Sie sind es, die die Wahrheit besser erkannt haben als alle andern auf der Welt. Auf sie alleine müsste die ganze Welt hören!
Die Bibel nennt den Teufel den „Verkläger der Brüder“ (Offenbarung 12,10; GN). Es ist seine Aufgabe, Gottes Kinder solange anzuklagen, sie schlecht hinzustellen, bis sie den Kampf für das Gute verzweifelt aufgeben. Wenn wir dasselbe tun, helfen wir ihm bei seiner Arbeit. Denken wir doch immer daran: Andere Christen - egal, wie wenig wir auch mit ihnen übereinstimmen - sind nicht der wahre Feind. Die Zeit, die wir verschwenden, um einen anderen Christen zu kritisieren, sollten wir lieber nutzen, um an der Einheit der Gemeinschaft zu arbeiten. Paulus schreibt dazu: „Lasst uns nach dem trachten, was zum Frieden, und nach dem, was zur Erbauung untereinander dient!“ (Röm 14,19).
Gottes Geist ruft uns auf, das Gute im Nächsten zu suchen und einander zu ermutigen und zu stärken in Christus: Epheser 4,29-32. Unsere Aufgabe ist es, Worte der Erbauung und des Zuspruchs untereinander zu finden. Bei uns soll es nicht so zu und her gehen wie in der Welt, wo jeder den andern heruntermacht, wo übereinander schlecht geredet wird, wo eifersüchtig um Ansehen und Positionen gekämpft wird, wo Unversöhnlichkeit und Missgunst herrscht und wo man schon bei der Begrüssung Misstrauen und Ablehnung spürt. Wann immer ich einen anderen Christen verurteile, geschehen umgehend vier Dinge: Ich verliere meine Gemeinschaft mit Gott, ich lege meinen Stolz und meine Unsicherheit offen, ich setze mich dem Gericht Gottes aus, ich beeinträchtige die Einheit in der Gemeinde. Eine kritische Haltung ist eine teure Angelegenheit (gem. Jakobus 4,11-12).
IV. Höre nicht auf Klatsch und Tratsch!
Unter Klatsch und Tratsch versteht man das Weitergeben von Informationen, die uns nichts angehen, weil wir weder Teil des Problems noch Teil der Lösung sind. Wir alle wissen, dass es falsch ist, Gerüchte zu verbreiten. Genauso falsch ist es jedoch, auf Gerüchte zu hören. Einem Gerücht zuzuhören ist wie die Annahme von gestohlenem Besitz; wir machen uns des Vergehens mitschuldig. Habe den Mut zu sagen: „Stopp, ich will das nicht wissen. Hast du schon selbst mit dem Betreffenden gesprochen?“ Vielleicht trappst du morgen selbst in diese Falle, und ein anderer erinnert dich in aller Liebe, dass wir als Gemeinde dem Klatsch und Tratsch abgeschworen haben! So helfen wir uns gegenseitig, die göttlichen Prinzipien anzuwenden. Niemand soll als Böse deklariert werden, wenn er Fehler macht, solange Einsicht und der Wille zur Besserung vorliegt.
Es ist eine altbekannte Tatsache, dass Menschen, die dir Gerüchte „anvertrauen“, auch über dich Gerüchte erzählen werden. Man kann ihnen nicht vertrauen (Sprüche 17,4): „Der Bösewicht achtet auf heillose Lippe, und Falschheit horcht auf verderbliche Zunge.“ Judas fügt dem folgende Worte hinzu: Judas 17-19. Leider ist es eine traurige Tatsache, dass der Herde Gottes die grössten Verletzungen nicht von den Wölfen zugefügt werden, sondern von anderen Schafen. Paulus warnt vor „christlichen Kannibalen“: „Wenn ihr aber wie die wütenden Hunde übereinander herfallt, dann passt nur auf, dass ihr euch dabei nicht gegenseitig auffresst“ (Galater 5,15; Hfa). Die Bibel weist darauf hin, dass wir solche Menschen meiden sollen: „Wer jedes Gerücht weiterträgt, plaudert auch Geheimnisse aus. Darum meide Menschen, die zu viel reden“ (Sprichwörter 20,19; GN). Der schnellste Weg, einen Konflikt in der Gemeinde zu beenden, besteht darin, denjenigen, der Gerüchte weiterverbreitet, mit seinem Verhalten zu konfrontieren und ihn aufzufordern, damit aufzuhören. Salomo sagt: „Wo kein Holz mehr ist, geht das Feuer aus und kein Klatsch mehr ist, hört der Streit auf“ (Sprichwörter 26,20; GN).
V. Wende Gottes Prinzipien an, um Konflikte zu lösen!
Jesus gibt der Gemeinde einen einfachen 3-Schritte-Prozess (Mt 18,15-17; Hfa):
1. „Wenn dein Bruder dir Unrecht getan hat, dann gehe zu ihm und sage ihm, was er verkehrt gemacht hat. Wenn er auf dich hört, dann hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Will er davon nichts wissen, nimm einen oder zwei andere mit und versucht es noch einmal, ihn zur Einsicht zu bringen. Wenn er auch das nicht hören will, dann bringe es vor die Gemeinde.“
2. Wenn man in einem Konflikt steckt, ist es zwar leichter, sich bei einem Dritten über alles zu beschweren, als mutig auf die andere Konfliktpartei zuzugehen. Dies macht aber die Sache nur noch schlimmer. Deshalb sollten wir direkt zu der Person hingehen, die betroffen ist.
3. Die persönliche Begegnung ist immer der erste Schritt. Hilft dies nicht, holen wir jemanden hinzu, der uns bei der Lösung des Problems helfen und uns zur Versöhnung führen kann. Wenn auch das nicht funktioniert, sollten wir das Problem vor die Gemeinde bringen. Beharrt der Konfliktpartner in seinem Unrecht, sollte sich die ganze Gemeinde von ihm abwenden.
Komplizierter wird eine Angelegenheit, wenn es um Zurechtweisungen und Konflikte geht, die über die örtliche Gemeinde hinausgehen. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen: „Schade, dass wir Christen es in der Schweiz nicht geschafft haben, besser zusammenzuarbeiten.“ „Statt dem Teufel Widerstand zu leisten, werden die wenigen bekriegt, die auf der Seite Gottes kämpfen.“ Viele werden einmal beschämt vor dem Thron Gottes ankommen und zu spät erkennen, dass sie nur für sich selbst gekämpft haben, aber nicht für Christus!
VI. Unterstütze deine Hirten und Leiter!
Es gibt keine perfekten Leiter, aber Gott gibt Leitern dennoch die Verantwortung und die Autorität, um die Einheit der Gemeinde zu wahren. Besonders in schwierigeren Zeiten ist dies eine undankbare Aufgabe. Zudem haben Leiter noch die unmögliche Aufgabe, alle glücklich zu machen, was nicht einmal Jesus gelang!
Die Bibel zeigt ganz klar, wie wir mit denen umgehen sollen, die uns dienen: Hebräer 13,7.17. Leiter werden eines Tages vor Gott stehen und Rechenschaft darüber ablegen, wie gut sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Aber auch die andern Glieder müssen einmal Rechenschaft darüber ablegen, wie sie mit ihrem Leiter umgegangen sind.
Wir schützen die Gemeinde, wenn wir die ehren, die uns dienen, indem sie uns leiten. Prediger und Älteste brauchen unsere Gebete, unsere Ermutigungen, unsere Annahme und Liebe. Paulus fordert uns auf: „Erkennt die an, die sich für euch abmühen und in der Gemeinde des Herrn Verantwortung übernehmen, um euch den rechten Weg zu zeigen. Wegen des Dienstes, den sie an euch tun, sollt ihr ihnen mit Hochachtung und Liebe begegnen“ (1. Thessalonicher 5,12-13; GN).
Schlussfolgerung
Darum, lasst uns die Verantwortung für die Gemeinde übernehmen, indem wir uns gemeinsam bemühen, die Einheit des Heiligen Geistes zu bewahren und zu fördern! Die Gemeinschaft in Christus ist das schönste und wunderbarste, was es unter Menschen gibt, doch sie hat einen Preis. Der Preis echter Gemeinschaft ist, dass wir manchmal unsere Bedürfnisse zurückstellen und unseren Blick auf andere richten, damit allen gedient ist und alle glücklich sind in der Gemeinde des Herrn.