Gemeinschaft-07: Die Macht der Liebe

Gemeinschaft

 


 Einleitung

Als der allmächtige Gott auf seinem himmlischen Thron sass, da hatte er einen Plan. Einen Plan, den er vor Grundlegung der Welt bis ins Detail zu Ende dachte (Eph. 1). Denn Gott überlässt nichts dem Zufall und er macht auch keine Fehler. Sein Plan war es, sein Himmelreich auszudehnen und seine Liebesgemeinschaft mit neuerschaffenen Kreaturen zu vergrössern.

Um dieses Ziel zu erreichen, schuf Gott zuerst Himmel und Erde. Diese Erde wurde zu einem Ort, auf dem Seelen entstehen. Diese Menschenseelen sind dazu bestimmt, in ihrem Denken und Handeln frei entscheiden zu können - zwischen gut und böse, zwischen Hass und Liebe. Dazu schränkte Gott, der Herr, die Lebenszeit des Menschen auf dieser Welt ein. Durch den menschlichen Körper, den Gott ihm leihweise gab, schränkte er ihm auch seinen Handlungsraum ein, seine Wahrnehmungsfähigkeit, seinen Verstand usw.

Auch Himmel und Erde waren nicht für die Ewigkeit bestimmt. Alles, was Gott schuf, bekam durch die Zeit seine Endlichkeit.

 

 I.   Gottes Allmacht offenbart sich in seiner Schöpfung

Im Schöpfungsbericht lernen wir Gottes Allmacht kennen. Gott spricht - und dann geschieht etwas. Gottes Worte sind absolut wirksam und erfolgreich. Im Gegensatz zu uns Menschen, wo Reden und Tun zwei Dimensionen sind. In Psalm 33,6: „Durch das Wort des Herrn sind die Himmel gemacht und durch den Hauch seines Mundes ihr ganzes Heer.“ Wer das verstanden hat, der weiss, dass wenn Gott spricht, es besser ist, wenn wir gut zuhören und zusehen, was anschliessend passiert (Mt 13,43). Denn alles was Gott sagt, hat Konsequenzen. Sein Wort verhallt nicht im Leeren.

In den ersten Kapiteln der Bibel lernen wir auch Gottes unübertreffliche Intelligenz und Kreativität kennen. Im Schöpfungsbericht wird gesagt, dass Gott aus einem Kaos Ordnung schaffte (Gen 1,2). Es ist absolut faszinierend zu beobachten, an was der kreative Gott alles dachte, als er Himmel und Erde schuf. Im TV gibt es verschiedene Dokumentationen über die Grösse und die Vielfältigkeit des Lebens und der gesamten Schöpfung Gottes. Staunend frage ich immer wieder: „Was ist doch Gott für ein mächtiges und kreatives Wesen?“ „Mit wie viel Intelligenz und Liebe hat doch der Herr alles geschaffen?“ „Er hätte auch sagen können: Weil der Mensch nur eine ganz kurze Zeit auf dieser Erde verbringt, genügen zwei bis drei Tiersorten und eine Handvoll Obst und Gemüse usw.“ Aber nein! Gott schuf gleich tausende und abertausende von Tieren, Pflanzen, Früchten und Gemüsen aller Art. Dabei schuf er nur Originale, keine Kopien. Kein Lebewesen ist genau gleich wie das Andere. Keine Schneeflocke gibt es zweimal. Alles, was Gott geschaffen hat ist so vielfältig und einzigartig in seiner Art. Nichts ist rein zufällig entstanden, sondern alles erfüllt einen bestimmten Sinn und Zweck auf dieser Erde.

Der Mensch ist zu beschränkt, um die Dimensionen und alle Geheimnisse unseres Planeten und des Universums verstehen zu können. Wir Menschen wurden von Gott so geschaffen, dass uns vieles von seiner Schöpfung verborgen bleibt. Es ist, als würde man einer Ameise versuchen das Internet zu erklären. Auch wenn die Wissenschaft es bis heute, unserer Meinung nach, weit gebracht hat, so steht sie dennoch am Anfang ihrer Erkenntnis über Gottes Schöpfung.

Die ersten Kapitel der Bibel zeugen auch von Gottes unermesslicher Liebe und Güte. Gottes Plan war es, Menschen zu schaffen, die seinem Ebenbild entsprachen. Und Gott sprach: „Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich ...“ Was bedeutet das, als Ebenbild Gottes geschaffen zu sein? Es kann sich unmöglich auf die äussere, physische Form beziehen. In Gottes Bild geschaffen worden zu sein bedeutet, dem Wesen nach wie Gott zu sein, indem wir geistig unsterblich sind, indem wir von Gottes Intelligenz und Kreativität besitzen, indem wir die Fähigkeit zu lieben erhalten haben usw.

Im zweiten Teil von Genesis 1,26 lernen wir, weshalb der Mensch in Gottes Bild geschaffen worden ist (Gen 1,26b): „Und sie (die Menschen) sollen herrschen über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels, über das Vieh und über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die sich auf der Erde regen.“ Gott übertrug uns Menschen, als seine Ebenbilder, die Verantwortung über diese Erde, indem wir Haushalter sind über alles Geschaffene. Dies wird betont durch die Aussage (Gen 1,28): „Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie untertan, und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen.“ Dadurch, dass Gott den Menschen nach seinem Bild schuf, wurde er höher gestellt gegenüber allen anderen Kreaturen. Gott gab uns Menschen diese Vollmacht und diesen Vorrang, weil er uns liebt und weil er uns für eine höhere Bestimmung schuf.

Der Mensch unterscheidet sich von den übrigen Geschöpfen der Erde, weil er dazu geschaffen wurde, mit dem Schöpfer direkten und persönlichen Kontakt zu pflegen (Gen 2,7): „Da bildete der Herr, Gott, den Menschen aus Staub vom Erdboden und blies Lebensatem in seine Nase: So wurde der Mensch ein lebendiges Wesen.“ Kein anderes Geschöpf wurde ein lebendiges Wesen, indem es den Lebensatem Gottes empfing. Nur das menschliche Leben entstand aus dem Atem Gottes. Alle übrigen Geschöpfe wurden durch Gottes Worte ins Leben gerufen. Zudem wird durch den Schöpfungsbericht ersichtlich, dass der Mensch geschaffen wurde, um eine Beziehung mit Gott zu pflegen. Der Mensch empfing ganz spezielle Auflagen, um seine Beziehung mit Gott pflegen zu können.

Die Bestimmung des Menschen ist die ewige Gemeinschaft mit Gott, in der wir mit ihm in seinem Himmelreich regieren sollen. „Es heisst ja - und auf dieses Wort ist Verlass - : Wenn wir mit ihm gestorben sind, werden wir auch mit ihm leben. Wenn wir standhaft durchhalten, werden wir mit ihm herrschen“ (2Tim 2,11-12). „Sie werden sein Angesicht sehen und werden seinen Namen auf ihrer Stirn tragen. Es wird auch keine Nacht mehr geben, sodass man keine Beleuchtung mehr braucht. Nicht einmal das Sonnenlicht wird mehr nötig sein; denn Gott selbst, der Herr, wird ihr Licht sein. Und zusammen mit ihm werden sie für immer und ewig regieren“ (Offb 22,4-5). Gott hat also grosse Pläne mit uns allen, denn wir alle sind einzigartig in seinen Augen und haben eine höhere Bestimmung. Egal ob dich deine Eltern geplant haben oder nicht; Gott hat dich geplant! Gott hat dich geschaffen und deine Geburt sehnlichst erwartet. Denn Gott schuf dich und mich aus reiner Liebe.

Schliesslich lesen wir am Ende der Schöpfung (Gen 1,31): „Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, uns sieh, es war sehr gut.“ Gott ist gut und deshalb kann aus gutem nur gutes entstehen. Paulus bezeugt dem Timotheus (1Tim 4,4): „Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut ...“.

Was also der allmächtige Gott vor Grundlegung der Welt auf seinem Thron geplant und beschlossen hat, das ist gut und widerspiegelt sein vollkommenes Wesen, voller Liebe und Güte.

 

 II.   Gottes Liebe offenbart sich in seinem Sohn

Jesus demonstriert uns Menschen die Macht der Liebe Gottes, während seines ganzen irdischen Lebens. Denken wir nur an die vielen übernatürlichen Wunder und Zeichen, die Jesus tat. Menschen, die mit den verschiedensten Krankheiten und Beschwerden geplagt waren, machte er gesund (Mt 4,24). In all seinen Werken offenbart sich die Macht der Liebe Gottes.

Ein besonders gutes Beispiel liefert uns die Beziehung Jesu zu Judas. Obschon Jesus den betrügerischen Verrat des Judas kannte, erwies er sich ihm als echten Freund. Er sah in ihm ein grosses Potential, sonst hätte er ihn nicht nach langem Fasten und Beten zum Apostel ausgewählt (Lk 6,12). Doch der Teufel macht auch nicht Halt vor einem Apostel Christi. Und so wurde Judas immer mehr vom Teufel eingenommen und für seine Zwecke missbraucht. Die übrigen Apostel merkten von all dem nichts, doch Jesus, der die Herzen kannte, sah die Entwicklung des Judas (Lk 9,47). Trotzdem liebte Jesus seinen Verräter. Ausgerechnet durch einen Kuss (der eigentlich ein Zeichen der Liebe ist) wurde Jesus ausgeliefert und nicht durch einen Schlag ins Gesicht oder einen Ringkampf? Jesus gab dem Verräter täglich die Gelegenheit seine Liebe zu erfahren. Judas stand in nichts zurück gegenüber den andern Jüngern. In den wichtigsten drei Jahren seines Lebens, liess es Jesus zu, dass Judas mit ihm Seite an Seite umherzog. Er erlebte Jesus hautnah als Mensch. Er durfte ihn sehen, wie er war. Er durfte ihn berühren und mit ihm reden. Er durfte aus erster Hand erfahren, was Agape-Liebe ist. Kein Mensch auf Erden genoss je ein solches Vorrecht wie Judas. Jesus bemühte sich, Judas zu retten, indem er auch ihn die Wahrheit über das Leben und über das Reich Gottes lehrte.

Judas war bei der Bergpredigt dabei, als Jesus sagte (Mt 6,19-21): „Sammelt euch nicht Schätze auf Erden, wo Motte und Rost sie zerfressen, wo Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Rost sie zerfressen, wo keine Diebe einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“ Judas hatte auch die Gelegenheit Jesus zuzuhören, als er sagte (Mt 6,24): „Niemand kann zwei Herren dienen. Denn entweder wird er diesen hassen und jenen lieben, oder er wird sich an jenen halten und diesen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Judas hörte das Gleichnis vom Sämann und seine Auslegung (Mt 13,22). Er hörte auch die Geschichte von Lazarus und dem reichen Mann (Lk 16,22b.23a). So erlebte Judas eine intensive und wunderbare Gemeinschaft mit Jesus und den übrigen Jüngern.

Durch Judas lehrt uns Jesus, wie wir auch versklavte Menschen lieben, selbst wenn wir ihre bösen Absichten kennen. Jesus lehrt uns die Macht der Liebe, wie wir sogar unsere Feinde lieben. Er lehrt uns, allen Menschen die Zeit und die Gelegenheit zum geistlichen Wachstum zu geben. Denn jeder Mensch hat das Potential zum Guten wie zum Bösen.

Nach dem Passa, gegen Mitternacht, ging Jesus mit seinen elf Jüngern in den Garten Gethsemane, um sich als Sühnopfer für die Welt vorzubereiten. Jesus sieht in seinem Kreuzestod die grösste Verherrlichung Gottes (Joh 12,23). Diese Macht der Liebe ist für uns Menschen eine völlig ungewohnte und unverständliche Denkweise. Als Jesus sich vor der grössten Herausforderung seines Lebens befand, stand ihm niemand bei, in seiner Todesstunde, auch die Jünger nicht. Sie schliefen immer wieder ein. Jesus erbat sich Kraft beim Vater. Die Macht der Liebe versucht nicht Probleme aus der Welt zu schaffen, sondern sie packt an und ist bereit zu leiden, wenn es sein muss. Jesus gab sein Leben im Gehorsam gegenüber dem Vater hin.

Es gibt zwei Arten gehorsam zu sein:

- Ich kann gehorsam sein, weil ich muss und mich zwangsmässig unterstelle (innerlich will ich zwar etwas ganz anderes).

- Ich kann gehorsam sein, weil ich fest davon überzeugt bin, für eine Sache einzustehen (weil ich will).

Jesus war gehorsam aus Liebe zum Vater und zu uns. Sein Fleisch wollte zwar anders. Aber sein Geist war fest entschlossen. Jesus war sich bewusst, dass nur durch seinen Tod am Kreuz, die Menschheit von den Sünden erlöst werden konnte. Es gab keinen andern Weg, als sein Leben hinzugeben. Das ist die Macht der Liebe!

Diese Liebe nahm er seinen Aposteln nicht übel, als er sie schlafend vorfand, nachdem er das dritte Mal vom Gebet zurückkehrte. Schliesslich sagte er zu ihnen (Mt. 26,45): „Schlaft nur weiter und ruht euch aus! Seht, die Stunde ist gekommen, da der Menschensohn in die Hände von Sündern ausgeliefert wird.“ Jesus meinte damit: „Die Zeit des Betens ist nun vorbei.“ „Ihr könnt jetzt schlafen.“ Ich habe alles getan, was ich tun konnte, um mich auf diese Stunde vorzubereiten. Die entscheidende Phase hatte begonnen.

Immer wieder machte Jesus darauf aufmerksam, indem er sagte (Joh 2,4): „Die Stunde ist noch nicht gekommen.“ Doch jetzt war sie endlich da - diese Stunde. Es ist möglich, dass Jesus, als er das sagte, bereits die flackernden Lichter von ferne sah, die vom Kidrontal hinaufkamen. Mit einer ungeheuren Bestimmtheit und Ruhe sagte er (Mt 26,46): „Steht auf, lasst uns gehen! Seht, der mich ausliefert, ist da.“ Jesus hatte sich und die Situation völlig unter Kontrolle. Kurz vorher flehte er noch auf den Knien beim Vater um Hilfe. Doch nun war er entschlossen, mannhaft und stark, die Herausforderung seines Lebens anzutreten.

Obschon Jesus alles genau wusste, was mit ihm geschehen würde, ging er keinen Schritt zurück. Im Gegenteil! Er verriet sich selbst und lieferte sich den Soldaten aus. Er hätte schon längst seiner Gefangennahme entfliehen können. Er hätte gar nicht erst in den Garten zu gehen brauchen. Doch die Macht der Liebe trieb ihn dazu.

Aus all den Aussagen Jesu und seinem ganzen Verhalten ist klar ersichtlich, dass es nicht die Menschen waren, die seine Todesstunde bestimmten. Es war ganz allein Jesus, der die Stunde, den Ort seiner Gefangennahme und seine Kreuzigung bestimmte. Bei einer andern Gelegenheit erklärte er (Joh 10,17-18): „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben einsetze, um es wieder zu empfangen. Niemand nimmt es mir, sondern ich setze es von mir aus ein. Ich habe Vollmacht, es einzusetzen, und ich habe Vollmacht, es wieder zu empfangen. Diesen Auftrag habe ich von meinem Vater empfangen.“ Jesus allein besass die absolute Macht über sein Leben – nicht seine Feinde.

Als Jesus die bewaffneten Männer fragte, wen sie suchten, gaben sie ihm zur Antwort: „Jesus von Nazaret“ (Joh 18,4-9):

Er konfrontierte sie mutig und erwiderte: „Ich bin es!“ Damit hatte keiner gerechnet. Die Soldaten in der vordersten Reihe wichen einen Schritt zurück. Dabei kollidierten sie mit den Männern hinter ihnen, so dass sie zu Boden fielen. Sie waren eine Lachnummer fast wie die Römer bei Asterix und Obelix!

Nachdem sie sich wieder aufgestellt hatten, fragte sie Jesus erneut: „Wen sucht ihr?“ Verwirrt gaben sie ihm dieselbe Antwort. Jesus sagte zu ihnen: „Ich habe euch gesagt, dass ich es bin.“ Die Soldaten waren verwirrt vom ruhigen Verhalten Jesu, der sich ihnen geradezu selbst auslieferte. Sie rechneten mit grossem Widerstand, denn sie kannten nur diese Form von Macht. Deshalb waren sie ja bewaffnet mit Knüppeln, Fackeln und Schwertern. Die göttliche Macht manifestiert sich auf ganz andere Weise: Sie setzt sich gewaltlos durch. Selbst in dieser Situation war Jesus von der tiefen Liebe für die Menschen erfüllt, besonders aber für seine Jünger.

Deshalb versuchte er seine Jünger vor den Soldaten zu bewahren, indem er sagte (V. 8b): „Wenn ihr also mich sucht, dann lasst diese gehen.“ Jesus versprach dem Vater, sie zu beschützen (Joh 6,39; 17,9-12). Jesus dachte immer zuerst an das Wohl der andern (Phil 2,4). Auch Judas bekam durch diesen ganzen Prozess noch einmal die Gelegenheit, abzulassen von seiner Tat. Denn so offensichtlich, wie sich Jesus den Soldaten stellte und sich offenbarte, machte es den Verrat des Judas unnötig.

Jesus sagte mit andern Worten: „Hier bin ich. Tut mit mir, was ihr tun müsst!“ Doch, um sicher zu sein, dass sie den Richtigen gefangen nahmen, musste Judas, wie abgemacht, den Herrn Jesus mit einem Kuss verraten. Schliesslich hatte er dafür auch schon eine ansehnliche Summe Geld erhalten. So tat Judas, was er tun musste (Joh 13,27). Er ging auf Jesus zu und sagte (Mt. 26,49): „Sei gegrüsst, Rabbi, und küsste ihn.“ Jesus sagte zu ihm (Mt 26,50 NGÜ): „Mein Freund, tu, wozu du gekommen bist!“

Als die Soldaten Jesus gefangen nahmen, griff Petrus ein mit der Macht seines Schwertes (Joh 18,10-11). Offensichtlich hatte er noch immer nicht verstanden. Drei Jahre lang zog er mit dem Herrn durch das Land, hörte seinen Worten zu und sah sein Handeln und sein Tun. Jesus pflegte eine ganz andere Macht, als die sich Menschen gewohnt sind.

Mit einem Wink hätte er mehr als zwölf Legionen Engel zur Seite gehabt (Mt 26,53). Dazu hätte er nicht einmal laut rufen müssen. Ein Flüsterton hätte genügt, um einen solch gewaltigen Befehl zu erteilen. Jesus besass unbeschränkte Macht im Himmel und auf Erden und war nur ein kleiner Wink oder ein Flüsterton entfernt von himmlischer Hilfe. Doch er blieb ruhig und liess alles mit sich geschehen. Mutig und entschlossen ging er auf seinen Kreuzestod zu, um der ganzen Menschheit Gottes Macht der Liebe zu verkünden.

 

 III. Was lehrt uns der Heilige Geist?

Gottes Macht ist ganz anders als die Macht, die wir Menschen kennen! Wir kennen nur die Macht des Stärkeren, und wer lauter Schreien kann. Wenn es aber eine Macht gibt, die besonders dem Menschen von Gott gegeben worden ist, dann ist es die Macht der Liebe! Gott, unser Schöpfer hat sie in unsere Herzen gelegt. Wir sind seine Ebenbilder, die zur Liebe und zum Frieden bestimmt worden sind. Wenn wir keine Liebe und Frieden ausüben können, wer dann?

In Hebräer 12,14 steht ein Wort, das für mich zu einem gern zitierten Schriftwort geworden ist: „Jagt dem Frieden mit jedermann nach und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn schauen wird.“ Wir sollen also Jäger sein, die mit grosser Macht und Leidenschaft jagen. Nach was? Nach Heiligung und nach dem Frieden mit jedermann! Unsere Herrschaft, die uns Gott anvertraut hat, ist die Herrschaft des Friedens! Wie aber wird dieser Friede vollbracht? - Durch unsere Heiligung! Was bedeutet Heiligung? Heiligung bedeutet Hingabe, sich ganz Gott und seinem Wesen der vollkommenen Liebe zu weihen. Wer sich Gott hingibt und weiht, der gibt sich Gottes Liebe hin!

Der allmächtige Gott hatte mit uns Menschen von Anfang an einen genauen Plan. Er schuf uns als seine Ebenbilder und gab uns kleine Verantwortungen im Leben, damit wir lernen mit dieser Gabe richtig umzugehen. „Denn wer in den kleinsten Dingen treu ist, ist auch in den grossen treu, und wer in den kleinsten Dingen nicht treu ist, ist auch in den grossen nicht treu“ (Lk 16,10). Sein Ziel ist es, uns in seinem himmlischen Reich noch viel mehr Verantwortung und Macht anzuvertrauen. Deshalb prüft er uns jetzt, wie weit wir bereit sind von IHM zu lernen und uns von seinem Heiligen Geist zum Guten verändern zu lassen.

Der allmächtige Gott lässt uns aber nicht ohne klare Anleitungen allein. Durch sein Wort führt er uns durch die Menschheitsgeschichte, aus der wir viele hilfreiche Prinzipien lernen können. Er schenkt uns das Vorbild Jesu Christi, damit wir aufmerksam sein Leben betrachten und IHN nachahmen. In revolutionärer Art und Weise zeigt Jesus allen, die ihm nachfolgen, wie wir Menschen herrschen sollen, und worüber wir Menschen herrschen sollen. Jesus zeigt uns durch sein Leben, wie es möglich ist, alle Macht Gottes zu besitzen, ohne sie zu missbrauchen. Seine Absicht war es nicht, Gewalt anzuwenden, Leben zu zerstören, andere zu verletzen, sondern Leben zu geben und aufzubauen. Auch wenn er die bösen Absichten der Menschen kannte, die um ihn herum waren, so erwies er ihnen ohne Ausnahme, seine Macht der Liebe. Jesus erwies seine Liebe seinen Feinden und sogar seinem Verräter. Er hätte allen Grund gehabt, mit Judas schon auf Erden, hart ins Gericht zu gehen und ihm einmal zu zeigen „wo der Bartli den Moscht holt“. Doch er erwies ihm seine uneingeschränkte und beständige Liebe, und immer und immer wieder die Chance, von seinem Vorhaben abzulassen.

Daran erkennen wir, dass Gottes Macht ganz anders ist als die Macht, die wir Menschen von klein auf in dieser Welt kennen gelernt haben! Es geht nicht um Gewalt und Stärke, sondern um Liebe und Dienst. Der Herr lässt uns sagen: „Was nach dem Urteil der Welt schwach ist, das hat Gott erwählt“ (1Kor 1,27b). Wer mit Gott einmal herrschen will, der muss die Macht der Liebe kennenlernen. Denn das Reich Gottes ist ein Reich des vollkommenen Friedens und der vollkommenen Liebe. Diese Liebe, von der wir in der Bibel lesen, ist viel mehr als ein blosses Gefühl. Sie fordert unsere Intelligenz und Kreativität bis aufs Äusserste heraus. Sie ruft nach einer verantwortungsvollen Herrschaft. Sie ist opferbereit und gibt ihr Leben hin für den Nächsten, sei er Freund oder Feind.

 

 Schlussfolgerungen

Es ist Gottes Wille, dass durch uns Gläubige die Macht der Liebe auf dieser Welt wirksam wird (Hauptaufgabe eines Evangelisten in der Gemeinde ist das Gebet). Deshalb ist es unsere Hauptaufgabe als Christen, fürsorgliche Liebe zu verbreiten durch Wort und Tat!

Weil wir nach dem Bild Gottes geschaffen worden sind, tragen wir Menschen alle Verlangen nach Liebe und Geborgenheit, besitzen wir die Fähigkeit zu lieben.

Lieben und geliebt werden ist ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen, weil es Gott in unsere Seelen gelegt hat. Wenn wir geliebt werden, dann fühlen wir uns geborgen. Zu lieben und geliebt zu werden, zählt zu den schönsten Erfahrungen im Leben.

Gott ist die Quelle der Liebe. Lasst uns von seiner Liebe schöpfen bis wir ganz erfüllt sind von ihr! Lasst uns einander und andere anstecken mit dieser Gabe der Liebe!

Liebe ist ansteckend! Sie ist wie ein Muskel an unserem Körper; je mehr wir sie trainieren, desto stärker wird sie. Wer die Liebe hat, der besitzt das Kostbarste, was es zu besitzen gibt. Die Liebe triumphiert über alles Böse.

Wer mit dem Vater und dem Sohn schon jetzt siegreich triumphieren will, der muss sich seine Macht zu Eigen machen: die Macht der Liebe Gottes! „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!“ (1. Kor. 15,57).

Darum, lasst uns lieben, denn Christus hat uns zuerst geliebt. Lasst uns lernen, miteinander besser zu kommunizieren und unsere Beziehungen zu einander zu pflegen, damit wir in der Gemeinde des Herrn bestehen!