Dreizehn biblische Schlüsseltexte
Einleitung
Im Jahre 325 n. Chr. kam eine Gruppe von 318 Gemeindeleitern in Nizäa (im Nordwesten der Türkei) zusammen, um ein Konzil abzuhalten. Sie hielten eine Debatte über das Wesen oder die Natur Jesu Christi und seine Beziehung zu Gott, dem Vater.
Anlass dazu gab Arius (ca. 260-336) aus Alexandrien, der mit seinen Lehren die damalige Christenheit verunsicherte. Dieser lehrte nämlich, dass der Sohn Gottes nicht wesensgleich mit Gott sei. Weil er einen Anfang in der Zeit gehabt habe, sei er bloss ein Geschöpf Gottes.
Durch diese ungeheure Behauptung stand der Friede im römischen Reich auf dem Spiel. Es drohte eine Spaltung der Christenheit. Es musste also schnell gehandelt werden, um den sogenannten arianischen Streit zu schlichten (der schliesslich von 318-381 n. Chr. andauerte).
So entstand 325 n. Chr. das nizänische Glaubensbekenntnis, indem stand:
1. Wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren.
2. Und an den einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, der als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt ist, das heisst: aus dem Wesen des Vaters, Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrer Gott aus wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater durch den alles geworden ist, was im Himmel und was auf Erden ist;
3. der für uns Menschen und wegen unseres Heils herabgestiegen und Fleisch geworden ist, Mensch geworden ist, gelitten hat und am dritten Tag auferstanden ist, aufgestiegen ist zum Himmel, kommen wird um die Lebenden und die Toten zu richten; Und an den Heiligen Geist.
Die Teilnehmer dieses Konzils machten ihr Glaubensbekenntnis fest, indem sie eine offizielle Verfluchungsformel aussprachen, die für alle galt, die eine andere Ansicht vertraten. Mit andern Worten; es wurde mit Gefängnisstrafe und Tod gedroht. Leider wird im Namen der Religion bis heute immer wieder Druck ausgeübt, weil es oft um Macht geht und nicht wirklich um den Glauben. Auch dort, wo es gut gemeint ist, wird oft ein falscher Weg vorgezogen, um Menschen zum Glauben zu bewegen. Dieses menschlich formulierte Kredo (Glaubensbekenntnis) löste das Problem keineswegs.
Die Diskussion ging weiter bis in die heutige Zeit. Teil des Problems ist, dass die Autoren dieses Konzils sich unbiblischen Begriffen bedienten um ihre Ansichten zu rechtfertigen, wie z. B. die Dreieinigkeitslehre (dieses Wort kommt nirgends in der Bibel vor). Dabei wären sie viel besser gefahren, wenn sie bei den biblischen Texten geblieben wären, um die Natur und das Wesen Jesu zu erklären. Stattdessen wurde ein aus menschlichem Willen hervorgegangener Kredo (Verfassung, Regel, Gebot) aufgestellt. Das ist typisch für alle menschlichen Glaubensbekenntnisse, die mit ausserbiblischen Sprachen die biblische Idee zu erklären versuchen.
Ein Schlüsseltext, der das Wesen Christi klar erklärt, finden wir im göttlich inspirierten Bibeltext von Johannes 1,1-18. Hier wird die Frage geklärt: War Jesus Gott, oder bloss ein geschaffenes Wesen, das Gott ähnlich war? Wie viel vom Wesen Jesu war göttlich und wie viel war menschlich?
I. Jesus ist vollkommen Gott (100%)
Im Johannesevangelium wird die Existenz Jesu viel früher wahrgenommen als in den übrigen Evangelien. Matthäus und Lukas beginnen mit der Geburt Jesu. Markus beginnt seine Erzählung, als Jesus ein erwachsener Mann war. Im Gegensatz dazu geht Johannes zurück in die Ewigkeit vor der Erschaffung der Welt und sagt: „Im Anfang war das Wort.“ Heute spricht man von der Präexistenz Jesu (lat. vorweltliches Dasein Christi in Gottes Ewigkeit). Auch das ist ein theologischer Begriff, der nirgends in der Bibel zu finden ist.
Die Frage ist nun: Begann Jesus seine Existenz als erster, vor allen anderen Dingen, die Gott erschuf? Oder: Gab es Jesus schon vor der Erschaffung der Welt, als göttliches Wesen, das bei Gott im Himmelreich war? Die arianische Lehre sagt, dass Jesus bloss das erste Geschöpf war. Die biblische Lehre aber sagt, dass Jesus schon immer bei Gott war (Phil 2,6; 1Kor 8,6). Die Worte im Johannes 1,1 erinnern uns an die Worte der Schöpfung (Gen 1,1), wo es heisst: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ Der allmächtige Gott schuf Himmel und Erde durch sein Wort (Ps 33,6a). Das Wort ist in Johannes 1 Jesus Christus.
Weshalb bezeichnet Johannes den Herrn Jesus als das Wort? Derselbe Apostel Johannes, der auch die Offenbarung schrieb, sagte von Christus (Offb 19,13): „... sein Name lautet «Wort Gottes».“ Das Wort (der Logos) bedeutet: Jesus ist der Ausdruck von Gottes Gedanken. Johannes sagt damit, dass Jesus die Gedanken Gottes ausführte, d. h. in die Tat umsetzte. Johannes sagt damit auch, dass Jesus der Ausdruck seiner Macht ist. Gemäss den Aussagen des Jesaja besitzen Gottes Worte eine Qualität, die unsere menschlichen Worte nicht haben (Jes 55,8-11). Wenn Gott spricht, dann passiert etwas. Gottes Worte sind wirksam und erfolgreich (Hebr 4,12). Sie erreichen immer das Ziel. Bei der Schöpfung wird immer wieder gesagt, dass Gott etwas sagte und dass es so geschah (Gen 1). Zusätzlich wird betont, dass alles was Gott schuf gut war. Das können wir Menschen mit unseren Ideen und Werken leider niemals bewirken. Unsere Möglichkeiten sind beschränkt. Unser Denken und Handeln ist limitiert. Mit unserem Willen erreichen wir nur das, was Gott zulässt. In Jesus Christus manifestierte sich Gottes Macht. Gottes Macht brachte Leben und Licht für die Menschen (V. 4-5). Durch Gottes Macht können Sünder seine Kinder werden.
Wenn Johannes sagt, dass das Wort bei Gott war, dann drückt er damit aus, dass Jesus, der Sohn und Gott, der Vater nicht identisch sind, sondern einzelne Persönlichkeiten. Es ist falsch, wenn wir meinen, dass der Vater selbst vorübergehend Mensch geworden sei in Jesus (diese Irrlehre wird Modalismus genannt). Auch wenn es für unseren menschlichen Verstand zu hoch ist, so spricht die Bibel von drei Personen in einer einzigen Gottheit. Es wird gesagt, dass Gott seinen Sohn in die Welt sandte. Später sandte Jesus den Heiligen Geist zu den Jüngern (Joh 16,5-11). Die Bibel spricht von drei individuellen Personen, nämlich; Vater, Sohn und Heiliger Geist, die sich in einer einzigen Gottheit repräsentieren. Damit glauben wir nicht etwa an mehrere Götter (Polytheismus = Vielgötterei), sondern immer noch an den einen und einzigen Gott (= Monotheismus). Weil dieses Konzept schwierig zu verstehen ist, gibt es so viele Kontroverse.
Im AT sowie im NT wird von einem einzigen Gott gesprochen (Dtn 6,4; Mk 12,29; 1Kor 8,4; Jak 2,19). Jesus ist 100% göttlich, wie der Vater (Joh 20,28). Jesus war im Anfang bei Gott als die Erde erschaffen wurde (V. 2-3.10).
II. Jesus ist vollkommen Mensch (100%)
In diesem Schlüsselabschnitt vom Johannes 1 wird in Vers 14 gesagt: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.“ Hier ist von Jesus die Rede, der als Gottheit Fleischesgestalt annahm. Johannes hätte auch sagen können: „Das Wort wurde Mensch.“ Damit wurde Jesus 100% Mensch, aus Fleisch und Blut, wie wir. Das war für bestimmte Irrlehrer damals wie ein Schlag ins Gesicht.
In der damaligen Zeit gab es den Doketismus. Das ist die Anschauung, dass Christus nur einen Scheinleib hatte (griech. dokein = scheinen). Jesus habe mit andern Worten nur zum Schein gelitten und sei zum Schein gestorben. Denn Jesus konnte keinen physischen Leib besitzen, sondern er war nur Geist. Diese Lehre kam aus dem Gnostizimus (griech. gnosis = Erkenntnis). Der Gnostizimus war eine griechische Philosophie, die lehrte, dass Materie böse sei, nur der Geist sei gut. Geist, Verstand und Vernunft des Menschen seien Gefangene des Körpers. Somit konnte Jesus niemals Fleischesgestalt angenommen haben, sonst hätte er sich mit dem Bösen vereint. Das wäre ein Widerspruch zu seiner Göttlichkeit. Als Folge von all diesen falschen Gedanken, konnten die Gnostiker auch nicht an eine leibliche Auferstehung Jesu Christi glauben.
Die Aussage in Johannes 1, dass das Wort Fleisch wurde zeigt, dass Jesus ursprünglich nichts mit Fleisch zu tun hatte, weil er göttlicher Natur war. Jesus liess sich für eine begrenzte Zeit auf diesen fleischlichen Zustand in der Welt ein. Er wohnte (σκηνόω) - d. h. er zeltete unter uns. Er errichtete ein Zelt. Ein Zelt ist normalerweise kein dauerhafter Wohnort. Zelte benutzen z. B. die Nomandenvölker, die ständig unterwegs sind und nirgends sesshaft. So war es mit Jesu irdischer Zeltwohnung im Fleisch (2Kor 5,1). Die Fleischwerdung Christi wird auch Inkarnation genannt (lat. Fleisch). Das heisst, dass Jesus buchstäblich Fleisch wurde. Er war fähig, all das zu erleben, was ein menschliches Wesen auf dieser Erde durchmacht. Jesus war hungrig und durstig, müde und brauchte Schlaf, wie wir. Es wird sogar gesagt, dass Jesus vor seinem Tod von Angst und Grauen erfasst wurde, d. h. er zitterte und war verzagt wie jedes menschliche Wesen, dem ein qualvolles Ende bevorsteht (Mk 14,33). Jesus wurde als Mensch in allem auf gleiche Weise versucht wie wir, doch er blieb ohne Sünde (Hebr 4,15).
Die Frage ist: Weshalb wurde Gott Fleisch? Vers 18 beantwortet diese Frage, nämlich; um „Kunde“ von Gott zu bringen. Das griechische Wort für Kunde ist exegeomai (ἐξηγέομαι), von welchem wir den Begriff Exegesis haben. Exegesis ist das was ein Ausleger tut, der die Bedeutung eines biblischen Textes enthüllt und anderen erklärt. Es bedeutet offenbaren, aufdecken, enthüllen usw. Genau das ist es, was Jesus für uns tat: Das Wort wurde Fleisch, um uns den allmächtigen Schöpfergott zu offenbaren und seinen Heilsplan näher zu bringen. 1. Johannes 4,9-10: „Darin ist die Liebe Gottes unter uns erschienen, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben. Darin besteht die Liebe: Nicht dass wir Gott geliebt hätten, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühne für unsere Sünden.“ Selbstverständlich hat uns Gott schon immer geliebt. Doch erst als Jesus kam und am Kreuz starb, konnten wir Gottes Liebe in seiner Tiefe erkennen. Philippus fragte Jesus (Joh 14,8): „Herr, zeig uns den Vater, und es ist uns genug.“ Jesus antwortete ihm (Joh 14,9): „So lange schon bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen ...“
In Johannes 1,17 heisst es: „Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“ Damit wird sicher nicht gesagt, dass es keine Gnade und Wahrheit gab, bevor Jesus kam. Das wäre ein Missverständnis des Alten Testaments. Es wäre sogar eine völlige Fehlinterpretation dieser Schriftstelle. Gottes Gnade und Wahrheit waren schon immer vorhanden, auch bevor Jesus kam. Das können wir an Gottes Gnade und Langmut am abtrünnig gewordenen Volk Israel deutlich erkennen. Zudem liess der Herr durch seine Propheten dem Volk immer die unverblümte Wahrheit verkünden, auch wenn es ihnen wehtat. Nein! Johannes macht mit diesem Vers deutlich dass die Gnade und die Wahrheit mit Jesus in ihrer ganzen Fülle kamen, wie sie vorher noch nicht bekannt waren. In Psalm 103,8 lesen wir: „Barmherzig und gnädig ist der Herr, langmütig und reich an Güte.“ Niemand wusste genau wie barmherzig und gnädig der Herr wirklich ist. Erst als diese Barmherzigkeit und Gnade Fleisch wurde, in der Person Jesu Christi durch das Kreuz, wurde es allen Menschen unmissverständlich klar gemacht.
Johannes 1,1-18 ist ein Schlüsseltext der Bibel, weil uns damit das Wesen Jesu Christi deutlich gemacht wird.
III. Zwei wichtige Fragen
1. Ist diese Lehre, dass Jesus 100% Gott und 100% Mensch war, übereinstimmend mit dem Rest der Heiligen Schriften? Paulus gibt uns in drei Briefen eine ausgezeichnete Antwort auf diese Frage.
Philipper 2,5-8:
Jesus war einerseits von göttlichem Wesen (= das Wort war bei Gott). Jesus wurde andererseits ein Mensch wie wir, doch ohne Sünde (= das Wort wurde Fleisch).
Kolosser 1,15-19:
Der Erstgeborene hat nichts mit einer zeitlichen Rangliste zu tun, sondern mit der Priorität und dem Vorrang eines Erstgeborenen. In Kolosser 2,9 wird dieser Gedanke noch verstärkt ausgedrückt: „In ihm [Christus] wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.“ Mit andern Worten; was für Gottes Natur gilt, das gilt auch für Jesus. Jesus ist vollkommen göttlicher Natur und kein geschaffenes Wesen!
Titus 2,11-13:
Hier spricht Paulus von dem grossen Gott und Retter Jesus Christus. Dazu wird das Griechische „Theos“ gebraucht, wie in Johannes 1,1.
Weitere Stellen im Hebräerbrief:
Jesus ist Abglanz und Abbild der Herrlichkeit Gottes (Hebr 1,3). Gott selbst bezeichnet seinen Sohn als Gott (Hebr 1,8). Unser Herr und Gott ging aus Juda hervor, wie die Schriften dies voraussagten (Hebr 7,14).
2. Wie können wir glauben, dass der Vater und der Sohn ein einziger Gott sind? Noch komplizierter wird es, wenn wir in der Bibel vom Heiligen Geist als dritte Gottheit lesen. Wie können drei Wesen eine Gottheit bilden? Wichtig ist, dass wir unsere menschliche Beschränktheit akzeptieren lernen. Wir können und müssen nicht alles erklären, was in der Bibel steht! In der Bibel gibt es viele Dinge, die wir weder erklären noch uns vorstellen können.
Zum Beispiel:
Wie sollen wir die vier Räder verstehen, in der Vision des Hesekiels, die sich gleichzeitig in alle vier Richtungen bewegten? (Ez 1,17). Wie sollen wir den Baum des Lebens verstehen (im Griechischen in der Einzahl!), in der Vision des Johannes, der auf beiden Seiten des Flusses steht? (Offb 22,2). Wie sollen wir die Wiederkunft Christi verstehen, der für alle Menschen auf der Erdkugel sichtbar sein wird? (Mt 24,30). Der allmächtige Gott hat uns Menschen so geschaffen, dass wir (noch) nicht alles in Bezug auf sein Wesen und sein Reich vollkommen verstehen. Wir glauben ohne zu sehen und vertrauen auf unseren allmächtigen Schöpfergott. Die biblischen Worte, die uns überliefert wurden, genügen uns völlig, um den lebendigen Gott zu lieben und IHM zu dienen. Wir brauchen nicht für alles eine Erklärung! (2Petr 3,16). Es wird aber die Zeit kommen, in der wir verstehen werden, weil der Herr uns alles offenbaren wird.
Schlussfolgerungen
Darum, lasst uns nicht mehr im Wort Gottes grübeln als nötig! Es wird uns nicht mehr gesagt und wir brauchen weder weitere Erklärungen dazu noch irgendein Zeichen, um zu glauben (Mt 12,39)!
♦ Ist Jesus Gott? – Ja! Das sagt die Bibel!
♦ War Jesus ein Mensch aus Fleisch und Blut wie wir? – Ja! Das wird in der Bibel unmissverständlich gesagt!
♦ Verstehen wir alles vollkommen? – Nein! Trotzdem tut das unserem Glauben und Vertrauen in Gott kein bisschen Abbruch!
Wir lesen im Johannes 1,1: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott.“ Wir lesen weiter in Johannes 1,12: „Die ihn aber aufnahmen, denen gab er Vollmacht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben ...“
Wenn der Herr wiederkommt und uns zu sich nimmt, dann werden wir alle göttlichen Geheimnisse verstehen und erfüllt vor Freude rufen: „Halleluja!“ (Röm 11,33-36).