AT38-Sacharja-2: Wiederaufbau des Tempels

Sacharja und die acht Visionen

 

 

 Einleitung

Nachdem das Volk wieder in seine Heimat zurück gehen durfte, wurde es aufgerufen, den zerstörten Tempel des Herrn (586 v. Chr.) wieder aufzubauen. Leider liess sich das Volk zu sehr von den Widersachern im Land einschüchtern, so dass das Bauprojekt ins Stocken geriet. Sacharja spornte zusammen mit Haggai zum Wiederaufbau des Tempels an (Esra 5,1-2).

Mit acht Visionen erklärt Sacharja dem Volk, dass der Herr den Wiederaufbau wünscht und unterstützt.

 

 ERSTER TEIL

 I.   Kapitel 1,1-6: Der Ruf zur Umkehr

Am 27. Oktober 520 erging das Wort des Herrn an Sacharja (Sach 1,1). Zwei Monate später, am 18. Dezember 520, schloss Haggai seine Botschaften ab. Der Herr brauchte beide Propheten im selben Jahr, um das Volk zur Umkehr und zum Weiterbau zu motivieren. Haggai schaffte es in 24 Tagen, dass das Volk sich wieder an die Arbeit machte. Sacharja motivierte das Volk, die Arbeiten zu vollenden.

Der allmächtige Gott ist zornig über sein Volk. Deshalb hat er sich schon von ihren Vätern zurückgezogen (2 Chron 24,20). Sie haben nicht auf die entsandten Propheten gehört. So ist alles eingetroffen, was der Herr ihnen voraussagen liess. Die Geschichte sollte das Volk lehren (Lev 26).

Wenn das Volk jetzt zum Herrn umkehrt und den Tempel wiederaufbaut, so wird Gott wieder unter ihnen wohnen. Es geht einer herrlichen Zukunft entgegen. Zuvor aber müssen Priestertum und Königtum geläutert werden. Der Messias wird kommen:

Das erste Mal wird er zwar verworfen werden.

Das zweite Mal wird er allen seine Herrlichkeit und Herrschaft offenbaren.

 

 II.   Kapitel 1,7-17: Erste Vision

Die Pferde und der Engel des Herrn zwischen den Myrtenbäumen. Gott hat entgegen dem äusseren Anschein sein Volk nicht verlassen. Er wird sich seiner wieder erbarmen. Der Tempel soll wieder aufgebaut werden.

Eine Vision oder ein Gesicht unterscheidet sich von einem Traum dadurch, dass alles in wachem Zustand erlebt wird, auch wenn es Nacht war (1,8; 4,1). Der Mann auf dem roten Pferd ist „der Engel des Herrn“, der Leiter über die andern Engel (Gen 22,11.15-16; 48,15; Ex 13,21; 14,19; 23,20; Jos 5,14). Die roten, fuchsroten und weissen Pferde sind die übrigen Engel, die die ganze Welt in einem Schlafzustand vorfinden. Der Engel des Herrn fragt, wann Gott sich über das Volk erbarmen wird. Die Antwort Gottes lautet, dass jetzt die Zeit reif sei, Jerusalem wieder aufzubauen.

 

 III. Kapitel 2,1-4: Zweite Vision

Die vier Hörner.
Sie versinnbildlichen die gottfeindlichen Weltmächte, die das Gottesvolk bekämpft haben. Hörner sind ein Symbol für Stärke (Am 6,13). Die Zahl 4 steht für alle vier Himmelsrichtungen (Jes 11,12; 49,36). Die Weltmächte überfielen das Volk Gottes (Am 9,9).

Die vier Schmiede oder Handwerker.
Sie sind die verschiedenen Werkzeuge, durch die Gott die Weltmächte vernichten wird, um Juda retten zu können. Weitere Oppositionen gegen den Tempelbau werden fehlschlagen.

 

 IV. Kapitel 2,5-17: Dritte Vision

Der Mann mit der Messschnur.
Jerusalem soll wieder aufgebaut werden. Gott wird wieder in Jerusalems Mitte wohnen.

Die Stadt braucht aber keine Mauern und Begrenzungen.
Der Herr selbst wird zu einer Feuerwand als Schutz für die Stadt. Und alle Völker werden hinzuströmen. Juda wird dem Herrn als auserwähltes Volk dienen.

 

 V.  Kapitel 3,1-10: Vierte Vision

Der Hohepriester Jehoschua, der von Satan verklagt wird, steht für die ganze Priesterschaft. Mit verschmutzten Kleidern steht er da und kann so Gott keine Opfer bringen. Deshalb wird ihm ein Festkleid angezogen und einen reinen Kopfbund. Als Auftakt zur herrlichen Zukunft wird so das Hohepriestertum geläutert.

Der „Spross“, der vollkommene Hohepriester, Jesus, der alle Schuld der ganzen Erde tilgt, wird bald erscheinen (Jes 11,1; Jer 23,5; 33,15).

 

 VI. Kapitel 4,1-14: Fünfte Vision

Der goldene Leuchter zwischen den zwei Ölbäumen.
D
er Leuchter versinnbildlicht Gott, den Herrn, der ganzen Erde, der alles sieht. Die zwei Ölbäume sind die beiden Gesalbten Jehoschua und Serubbabel (Esra 3,8). Wie das Priestertum, so muss auch das Königtum geläutert werden.

Nicht durch menschliche Kraft, sondern durch den Geist Gottes wird die Herrschaft wieder aufgebaut werden in Jerusalem (Am 9,11).

 

 VII. Kapitel 5,1-4: Sechste Vision

Das immer wieder Aufblicken weist auf eine neue Vision hin.

Die fliegende Schriftrolle.
Sie ist das Gesetz, das alle im ganzen Land richtet, die stehlen (8tes Gebot; Ex 20,15), falsch schwören (9tes Gebot; Lev 5,4; 19,12). Offenbar gingen die zurückgekehrten Israeliten zu sorglos mit dem Gesetz um und liessen sich von den heidnischen Sitten zu sehr beeinflussen.

Wenn das Volk sich von diesen Sünden nicht abwendet, wird der Fluch des Gesetzes unbarmherzig sein und die, die solches verüben, vernichten.

 

VIII. Kapitel 5,5-11: Siebte Vision

Die Frau (im Efa) in der Getreidetonne, oder im Fass.
Die Frau symbolisiert die Bosheit und Ungerechtigkeit des Volkes (Jes 1,21; Hos 2,5; Ez 23). Sie wird aus dem Land geflogen, um in der gottlosen Welt sich ein Haus zu bauen. Schinar ist in Babylonien (Gen 10,10-11). Babylonien, oder das Reich Babylons ist ein Symbol für die gottlose Welt. Das Efa (Korb oder Fass) stellt Betrug dar, weil es ein unbekanntes, d. h. ein falsches Mass ist.

Alle, die in irgendeiner Form Bosheit verüben, werden aus dem Land verbannt.

 

 IX. Kapitel 6,1-8: Achte Vision

Die vier (Kriegs-) Wagen (Jes 66,15; Jer 4,13) und die vier Pferde:

Sie versinnbildlichen die Gottesgerichte, die über die heidnischen Nationen kommen werden. Hesekiel sprach von 4 Bildern in seiner Prophezeiung gegen Jerusalem (Ez 13,21). Auch der Apostel Johannes redete von vier Pferden in seiner Offenbarung (Offb 6,1-8).

Die verschieden farbigen Pferde könnten folgendes bedeuten:

- Rote Pferde bedeuten Krieg (das Schwert, das Blut vergiesst).

- Schwarze Pferde sind das Symbol für Hungersnöte und Trauer.

- Weisse Pferde sind die Farbe der Feste und des Siegs.

- Gefleckte oder gescheckte Pferde führen die göttliche Mission bis zum Ende.

B. In der alten Zürcher Übersetzung wird gesagt, dass diese nach den vier Himmelsrichtungen ausgehen werden, um Gottes Gerichte auszuführen.

Die zwei Berge aus Bronze:
Sie stellen die Pforte des Himmels dar. Bronze weist auf dauerhaftes Material hin.

Diese Urteile Gottes werden auf der ganzen Erde vollzogen, so dass alle gottfeindlichen Mächte niedergeworfen werden.

 

ZWEITER TEIL

 X.  Kapitel 6,9-15: Die Krönung Jehoschuas

Er ist nicht derselbe Priester, der in Esra 5,2, zusammen mit Serubbabel, erwähnt wird. Der Priester in Esra 5 heisst Jeschua, Sohn des Jozadak. Der Hohepriester in Sacharja heisst Jehoschua, Sohn des Jehozadak.

Jehoschua, der Hohepriester, wird symbolisch gekrönt.
Das Material für die Krone liefern die drei Männer (Cheldai, Tobija und Jedaja) aus der Verbannung. Zum Andenken an den Opfersinn jener Männer soll die Krone im Tempel aufbewahrt werden. Diese Opfergaben haben Verheissungscharakter. Wie diese kleine Delegation, werden einst ganze Völker kommen und an der Aufrichtung des wahren Tempels mitarbeiten dürfen (nicht wie in Esra 4,3).

Diese Krönung gilt der Aufrichtung des neuen Priestertums (Hag 2,23, siehe vierte Vision!).

Jehoschua steht für den kommenden Spross, aus dem Stamm Davids:

- Er wird aufwachsen wie ein Schoss, oder Säugling (Jes 53,2; 11,1).

- Er wird den Thron Davids auf ewig fest machen (2 Sam 7,11-14; Jes 9,6-7).

- Er wird ewiger König und Hohepriester sein.

Hier handelt es sich um eine messianische Prophezeiung:

Jesus Christus ist der ewige König, der sich auf den Thron setzen wird (Hebr 1,3; Apg 2,29-30).

Jesus Christus ist der Hohepriester nach der Weise Melchisedeks (Hebr 5,9-10; 7,1-3).

 

XI. Kapitel 7,1 - 8,23: Die Frage des Fastens

Eine Delegation aus Bet-El (Bethel) kommt fragt die Priester und Propheten, ob sie im fünften Monat auch weiterhin fasten sollten (7,1-7). Nach dem Gesetz Mose gab es nur eine Fastenzeit im Jahr: Am Jom Kippur (= grosser Versöhnungstag). Das war im siebten Monat, am zehnten Tag (= Tischri). Da wurden Opfer für die Sünden Israels gebracht (Lv. 23,27). Leider wurde das Fasten oft gedankenlos ausgeübt: Jesaja 58. Zusätzlich entwickelten sich Fastenzeiten zum Gedenken an das Unheil:

- Der Beginn der Belagerung Jerusalems (2 Kön 24,10-15).

- Die Einnahme Jerusalems (2 Kön 25,1-7).

- Die Zerstörung des Tempels (2 Kön 25,8-11; Jes 52,12-13).

- Den Mord an Gedaljahu, Statthalter von Jerusalem, den Nebukadnezar einsetzte (2 Kön 25,22-26). Wer diese 10 Männer mit Jischmael genau waren, ist nicht bekannt. Vermutlich waren sie geflüchtete Anführer der Heere Judas (Jer 40,7.11; 41,1).

Da sie jetzt keinen Grund zum Fasten und Trauern mehr hatten, scheint ihnen diese Fastenzeiten überflüssig.

Sacharja erklärt, dass es dem Herrn nie um ein Vergehen des Fastens ging, sondern um ihren Ungehorsam, weshalb sie in die Verbannung geführt wurden (7,8-14). Das Fasten steht im Zusammenhang mit dem Gebet. Es ist ein Zeichen der Trauer und der Busse (Joel 1,14; 2,12; Jer 14,12). Fasten ohne Einsicht über Ungehorsam und Schuld ist ohnehin wertlos. Die Wurzel aller Sünde ist die Auflehnung gegen Gottes Wort, dem wir verpflichtet sind.

Zehn kurze Verheissungen Gottes (8,1-23):

- Der Herr wird in Zion wohnen.

- Es wird Friede sein in Jerusalem, wo Kinder und ältere Leute vergnügt spielen.

- Der Herr wird wieder Gutes tun für das Haus Juda.

- Die Fragenden über das Fasten bekommen eine freudige Antwort (V. 19).

- Es werden Völker nach Jerusalem kommen, um den Herrn der Heerscharen anzubeten.

 

DRITTER TEIL

XII. Kapitel 9,1 - 14,21: Die Weltmächte und die Herrschaft des Friedensreichs

Kapitel 9,1 - 10,12: Untergang der heidnischen Nationen, Befreiung und Herrlichkeit Zions.

Kapitel 11: Der gute und der falsche Hirt.

Kapitel 12-14: Zukunft des Volkes Gottes mit messianischen Voraussagen.

 

 Schlussfolgerungen

Wichtige Lehren:
Der Abtrünnige muss zu Gott zurückkehren, wenn er begehrt, dass Gott sich wieder zu ihm kehrt (1,3).

Gott ist heilig, und er will inmitten seines geheiligten Volkes leben (2,9.14-17).

Die Heiligkeit ist das Kennzeichen seines Reichs (14,20-21).

Satan ist der Verkläger der Brüder, und Christus ist ihr Anwalt, ihr Fürsprecher bei Gott (3,1-5).

Die einzige Macht, auf die der Gläubige vertrauen soll, ist der Heilige Geist (4,6).

Die noch unerfüllten Prophezeiungen, die sich auf die Wiederkunft des Messias und „den Tag des Herrn“ beziehen, werden sich ebenso bestimmt bewahrheiten wie jene, die sich auf das erste Kommen bezogen (12,10; 14,3-5).

Sacharja und das Neue Testament:
Sacharja übt einen grösseren Einfluss auf das messianische Bild des Neuen Testaments aus als alle anderen kleinen Propheten. Er erweitert das Verständnis der Aussage Jeremias vom „gerechten Spross“ (Jer 23,5; 33,15; 2 Sam 7,12; Sach 3,8; 6,12). Er spricht vom König, der auf einem Esel reitet (Sach 9,9; Mt 21,4; Joh 12,15). Er erwähnt auch den Verrat (Sach 11,12; Mt 26,15; 27,9). Er sagt, dass sie aufblicken werden zu dem, den sie durchbohrt haben (Sach 12,10; Joh 19,37; Offb 1,7). Er weissagt, dass der Hirt geschlagen wird (Sach 13,7; Mt 26,31; Mk 14,27). Er weist darauf hin, dass seine Herrschaft von Meer zu Meer reichen wird (Sach 9,10). Er spricht von der Quelle gegen Sünde und Unreinheit (Sach 13,1).

Sacharjas Forderung, dass jeder mit seinem Nachbarn die Wahrheit reden soll hallt Paulus zurück (Sach 8,16; Eph 4,25).

Wenn wir die Offenbarung des Johannes lesen, dann finden wir einige Bilder, die bereits Sacharja erwähnt hatte:

Die vier Pferde mit Kriegswagen (Sach 6,1-8; Offb 6,2-8).

Die beiden Olive Bäume (Sach 4,3; Offb 11,4).

Der goldene Leuchter und die sieben Augen (Sach 4,2-10; Offb 1,12).